Anwenderbericht: Rechenzentrumsoptimierung beim Hosting-Anbieter

Lesezeit
2 Minuten
Bis jetzt gelesen

Anwenderbericht: Rechenzentrumsoptimierung beim Hosting-Anbieter

11.04.2018 - 14:00
Veröffentlicht in:
Der Webhosting-, Server- und Colocation-Provider Contabo übernahm im Jahr 2014 ein Rechenzentrum in Nürnberg mit dem PUE-Wert von 2,0. Damit wollte sich der Dienstleister nicht zufriedengeben – um die Hochverfügbarkeit und Energieeffizienz der Infrastrukturen sicherzustellen, wurden hocheffiziente, neue Freikühl- und USV-Anlagen eingebaut und die vorhandenen AC-Lüfter durch stromsparende EC-Ventilatoren ersetzt. Der Anwenderbericht schildert Details und Ergebnisse dieser Optimierung – in diesem Fall ein PUE-Wert von 1,2.
Contabo hat sich auf individuelle Rechenzentrumsdienstleistungen spezialisiert und will dabei mit einem hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis punkten. Das Produktportfolio des Unternehmens umfasst Webspace, dedizierte Server, Colocation, virtuelle Server, Cluster-Systeme, Domains und individuelle Hardware für Privat- und Firmenkunden. Contabo betreibt zwei eigene Rechenzentren für Dedicated Server und Colocation-Services. Das "Green Datacenter" in München wurde im Jahr 2009 eigens von Contabo geplant und gebaut. Es bietet Platz für 4000 Serversysteme.

Herausforderungen: Energieeffizienz und Hochverfügbarkeit
Aufgrund des starken Wachstums übernahm Contabo 2014 ein zweites Rechenzentrum in Nürnberg, das auf 2400 Quadratmetern weitere Kapazitäten für rund 10.000 Server bietet. An beiden Standorten befinden sich die Büro- und Supporträume im selben Gebäude, ein Stockwerk über den Serverräumen. Das Unternehmen betreibt beide Rechenzentren eigenständig und investiert kontinuierlich in die Infrastruktur, um den Betrieb so stabil und energieeffizient wie möglich zu gestalten. Beide Rechenzentren sind an 365 Tagen im Jahr personell besetzt. Mit zwei Standorten, die mehrere hundert Kilometer voneinander entfernt sind und von unterschiedlichen Stromnetzbetreibern versorgt werden, kann Contabo die Server eines Kunden im Sinne von optimaler Hochverfügbarkeit und Ausfallsicherheit aufteilen.

Die Ziele: Weniger Stromkosten, geringerer PUE-Wert
Nach der Übernahme des Nürnberger Standortes entschied sich Contabo, die Infrastruktur zu modernisieren – vor allem, um eine bessere Energieeffizienz zu erzielen. Das Unternehmen ging auf die Suche nach einem Anbieter, der über die optimale Expertise im Bereich Stromversorgung und Klimatisierung verfügt. Ziel des Umbauprojektes war es, den PUE-Wert von 2,0 auf 1,4 bis 1,3 zu senken und den gesamten Energieverbrauch der Infrastruktur um 60 Prozent zu reduzieren. Eine weitere große Herausforderung des Projektes lag darin, die neuen Technologien so einzuführen, dass die Kundenserver trotzdem ohne Unterbrechung zur Verfügung standen.

Das Konzept: Energieeffizienz durch Freikühlung, USV und EC-Lüfter
Zur Umsetzung dieser Ziele kam es zur Zusammenarbeit mit Vertiv, vormals Emerson Network Power. Dort erarbeitete ein interdisziplinäres Team aus Ingenieuren der verschiedenen Abteilungen mögliche Konzepte, die den Wunsch des Auftraggebers, die vorhandenen Klimaschränke und Rohrleitungen beizubehalten, berücksichtigte. Vertiv schlug vor, den Freecooling-Chiller Liebert-HPC-M in Kombination mit der Thermal Management Supersaver Software zu nutzen, was eine Energieeinsparung von 70 Prozent ermöglicht. Zusätzlich wird durch den Ersatz der bisherigen AC-Ventilatoren in den Klimaschränken durch EC-Ventilatoren eine vierfache Verbesserung der Energieeffizienz erreicht.

Der Liebert- HPC-M Freecooling-Chiller erzielt eine höhere Energieeffizienz, weil bei Außentemperaturen von unter 20 Grad die Freikühlung einsetzt. Der Verdichter kommt nur dann ins Spiel, wenn die Außentemperatur diesen Freikühlungsgrenzwert überschreitet. Mit der Supersaver-Software für die Kühlungseinheiten lassen sich zusätzlich die saisonalen Energieleistungswerte optimieren. Das Prinzip der Software: Bei abnehmender thermischer Last wird die Wassertemperatur automatisch angehoben – die saisonale Effizienz des Systems steigt. Damit wiederum verlängert sich die Einsatzdauer der Freikühlung. Die Kommunikation zwischen den Präzisionsklimatisierungseinheiten und der Kältemaschine mit Freikühlung erfolgt per Local Area Network (LAN).

Die Ergebnisse: Modernisierung ohne Ausfallzeiten
Das vorgelegte Konzept überzeugte Contabo. 2016 wurde das Projekt mit allen vorgeschlagenen Maßnahmen zur Modernisierung und Energieeffizienzsteigerung umgesetzt. Die Einführung der Infrastrukturgeräte gelang aufgrund intensiver Planungen und Vorsichtsmaßnahmen absolut reibungslos und ohne Unterbrechungen des laufenden Betriebs. Zwei Liebert-HPC-M-Kältemaschinen sind inzwischen installiert, ein letzter dritter Chiller wurde unlängst in Auftrag gegeben. Die vorhandene USV-Anlage wurde durch drei Trinergy Cubes sowie ein batteriegestütztes 10-minütiges Backupsystem ersetzt. Für die vorhandenen Klimaschränke wurden rund 20 EC-Ventilatoren eingeführt, weitere Updates sind ebenfalls in Planung. Für die thermische Trennung laufen die USV-Batterien in einem getrennten Raum, was ebenfalls zu mehr Energieeffizienz beiträgt.

Fazit
Nach der Installation führte Vertiv in verschiedenen zeitlichen Abständen und zu verschiedenen Tageszeiten Messungen durch, um die vertraglich festgelegte Leistung und Energieeffizienz der Geräte zu überprüfen. Nach rund einem Jahr Projektlaufzeit übersteigt das Ergebnis die Erwartungen: Der PUE-Wert sank von ursprünglich 2,0 auf 1,2. Mit 70 Prozent weniger Energieverbrauch durch die Infrastruktur übertraf Vertiv auch hier die Anforderungen des Auftraggebers, die bei 60 Prozent lagen. Im Endausbau werden die Stromkosten des Rechenzentrumsbetriebs pro Jahr um über eine Million Euro reduziert.

Für diese Energieeffizienzsteigerung erhielt das umgebaute Datacenter von einer unabhängigen Fachjury den Deutschen Rechenzentrumspreis 2017. Contabo belegte in der Kategorie "Energieeffizienzsteigerung durch Umbau in einem Bestandsrechenzentrum" den ersten Platz. Aufgrund der positiven Projektergebnisse schließt das Unternehmen nicht aus, das zweite Rechenzentrum in München ebenfalls auf diese Weise zu modernisieren.

ln/Dr. Peter Koch, Vice President Solutions for Europe, Middle East & Africa bei Vertiv und Andreas Graf-Matzner, Sales Manager CoE Thermal bei Vertiv

Ähnliche Beiträge

Netzwerkverwaltung an der Medizinischen Universität Wien

Die IT-Abteilung der Medizinischen Universität Wien betreibt das Netzwerk der Universität, wozu die Betreuung von rund 10.000 Anschlüssen sowie Hunderten Endgeräten und Servern gehört. Für diese Aufgabe wurde eine neue Informations- und Planungssoftware für Kabelmanagement und Netzwerkdokumentation implementiert. Das neue Werkzeug ist flexibel, skalierbar und deckt die steigenden Sicherheitsanforderungen voll ab.

Im Test: Sunbird DCIM

Das DCIM-Werkzeug Sunbird verspricht die umfassende Verwaltung von Assets im Rechenzentrum mit vielen nützlichen Funktionen, ansprechender Oberfläche und maximalem Komfort. Dies gelingt mit der Software auch in geografisch verteilten Landschaften. Dabei liefert Sunbird wertvolle Daten zum Zustand und Energieverbrauch, und schafft somit einen guten Einblick in das RZ-Geschehen.

Zero-Touch-Provisionierung von aktiven Netzwerkkomponenten (3)

Zero-Touch-Provisionierungsprozesse sind im Rollout von Client-PCs und Servern bereits lange Zeit Standard. Im Gegensatz dazu kommen diese Prozesse bei aktiven Netzwerkkomponenten wie Routern und Switches nur selten zum Einsatz. Im dritten und letzten Teil gehen wir auf weitere Varianten ein, etwa die ZTP-Provisionierung ohne proprietären Server, die Boot-Loader-Variante iPXE oder das alte Verfahren AutoInstall.