Datengrundlagen für den effektiven Einsatz von KI
Zahlreiche Unternehmen stellen ihre auf generativer KI basierenden Pilotprojekte wegen unbefriedigender Ergebnisse wieder ein. Ist der Hype vorbei? Nein, denn wie unser Fachartikel verdeutlicht, liegt die Ursache der Fehlschläge vielmehr oft in schlechter Datenqualität und mangelhafter Data Governance. Wer also mithilfe von KI-Anwendungen echten Mehrwert schaffen möchte, muss vorher für eine saubere Datengrundlage sorgen – dann klappt's auch mit der generativen KI.
Generative KI (GenAI) hat vom Start weg enorme Begeisterung und hohe Erwartungen geweckt. Ob in den Medien, bei Unternehmen oder in der Öffentlichkeit – der Hype war und ist allgegenwärtig. Doch nun zeichnet die Zukunftsprognose von Gartner ein düsteres Bild: Bis Ende 2025 stellen Firmen mindestens 30 Prozent ihrer GenAI-Projekte nach dem Proof of Concept ein. Die Gründe hierfür sind vielfältig: mangelhafte Datenqualität, unzureichende Risikokontrollen, eskalierende Kosten und ein unklarer Geschäftsnutzen. Hat also der GenAI-Hype branchenübergreifend zu einem vorschnellen Handeln geführt? Oder liegen die Ursachen für Gartners pessimistischen Ausblick woanders?
Falsche Stellschrauben und unklare Zielsetzung
Ein zentrales Problem: KI gilt als Schlüsseltechnologie der Zukunft, weshalb heute jedes Unternehmen behauptet, KI einzusetzen – oft unabhängig davon, wie relevant dies für ihre Geschäftsprozesse ist. So entsteht die Erwartung, dass sich Investitionen in KI-Technologien schnell monetarisieren lassen. Das verleitet viele Entscheidungsträger zu einer voreiligen Anschaffung, noch bevor die notwendigen Voraussetzungen für einen langfristigen Produktivitätsgewinn vorhanden sind.
Häufig mangelt es an einem klaren Verständnis der Technologie und den Grundlagen, die für den erfolgreichen Einsatz von GenAI erforderlich sind. Dabei spielen zwei wesentliche Bedingungen eine Rolle: Zum einen müssen die Mitarbeiter über ein fundiertes Verständnis der Möglichkeiten, Risiken und praktischen Anwendungsbereiche generativer KI verfügen. Zum anderen ist eine saubere Datengrundlage unverzichtbar, die bereit für KI-Anwendungen ist. Weiterhin müssen die Prozesse im Datenmanagement klar definiert und fest in den Geschäftsabläufen verankert sein. Nur so können Organisationen den vollen Nutzen aus ihren GenAI-Investitionen ziehen.
GenAI-Strategie kritisch beleuchten
Allzu oft starten Unternehmen GenAI-Projekte ohne klare Zielsetzung und ohne fundierte Anwendungsfälle. KI gilt mittlerweile als Allheilmittel für nahezu alle Geschäftsprobleme. Aber nicht jedes Problem braucht eine KI-Lösung. Oft sind alternative, einfachere Ansätze sinnvoller und kosteneffizienter. Es gilt daher, sorgfältig prüfen, in welchen Bereichen der Einsatz von GenAI tatsächlich einen Mehrwert bietet.
Dieser kritische Blick auf die potenziellen Anwendungsfälle sollte die Grundlage für eine klare Strategie bilden. Unternehmen müssen ihre Use Cases priorisieren und eine Roadmap für den Einsatz von KI entwickeln, die ihnen hilft, ihre Ziele schrittweise zu erreichen. Gleichzeitig ist es wichtig, die Implementierung regelmäßig zu überprüfen und flexibel auf unerwartete Herausforderungen zu reagieren. Ohne eine solche strategische Planung laufen IT-Verantwortliche Gefahr, viel Zeit und Ressourcen in Projekte zu investieren, die letztlich keinen messbaren Nutzen bringen.
Ein oft unterschätzter Aspekt beim Einsatz von GenAI ist das Wissen und die Kompetenz der Mitarbeiter. Verlassen sich diese mangels relevanter Kenntnisse blind auf GenAI-Anwendungen, können daraus fatale Fehlentscheidungen resultieren, oder sensitive Informationen via öffentliche GenAI-Anwendungen in die falschen Hände gelangen. Daher ist es wichtig für Unternehmen, die "AI-Literacy" ihrer Belegschaft zu fördern. Sie müssen ihre Angestellten in die Lage versetzen, die grundlegenden Funktionsweisen und Möglichkeiten von GenAI zu verstehen. So können sie diese dazu befähigen und ermutigen, fundierte Entscheidungen zu treffen und sinnvolle Anwendungsfälle zu identifizieren.
Data Governance: Basis für erfolgreiche Anwendungen
Ein zentraler Erfolgsfaktor für den Einsatz von GenAI ist die Datenqualität. Ohne eine saubere Datengrundlage werden KI-Systeme mit ungeeigneten Daten trainiert und führen unweigerlich zu fehleranfälligen Ergebnissen, die oft nicht den gewünschten Mehrwert liefern. Eine klar umrissene Data Governance sowie eine umfassende Datenstrategie sind daher unerlässlich. IT-Verantwortliche müssen genau definieren, wer für die Daten und die Entwicklung von KI-Modellen verantwortlich ist. Zudem müssen sie die kontinuierliche Überwachung und Verbesserung der Datenqualität sicherstellen. Nur durch festgelegte Zuständigkeiten und klare Prozesse können Unternehmen ihre Daten vertrauenswürdig machen und unnötige Risiken vermeiden.
Gerade angesichts der zunehmenden Regulierung in vielen Branchen ist ein strukturiertes Datenmanagement von großer Bedeutung. Die Anforderungen an den Datenschutz und die Sicherheit von KI-Systemen steigen kontinuierlich, insbesondere in der Europäischen Union. Richtlinien wie die DSGVO, der EU Data Act und der EU AI Act legen strenge Vorgaben fest. Aus diesen rechtlichen Vorgaben müssen Organisationen wiederum konkrete Datenanforderungen übersetzen, um die Rechtskonformität sicherzustellen. Hierbei ist eine enge Zusammenarbeit mit den Abteilungen für Recht, Sicherheit und Compliance entscheidend, um zu gewährleisten, dass alle Datenprozesse den regulatorischen Anforderungen entsprechen.
Mit hoher Datenqualität zu besseren Ergebnissen
Um das bisher Gesagte einmal zu veranschaulichen: Stellen Sie sich vor, Köche kochen eine köstliche Suppe – aber die Gäste beschweren sich lautstark. Warum? Weil sie versuchen, die Suppe mit den bereitgestellten Gabeln zu essen, da keine Löffel auf dem Tisch lagen. Das erste Problem ist hier das fehlende Verständnis für Prozesse und die passenden Werkzeuge. Das Unternehmen ist dafür zuständig, seinen Mitarbeitern die richtigen Instrumente bereitzustellen. Hier wären das Löffel.
Ein weiteres Problem tritt auf, wenn die Datenqualität nicht ausreichend ist. So wie schlechte Zutaten zwangsläufig zu einer ungenießbaren Suppe führen, verursacht eine unzureichende Datengrundlage unzureichende Ergebnisse bei KI-Anwendungen. Ein guter Koch hingegen setzt auf frische, hochwertige Zutaten. Genau so müssen die Datenverantwortlichen ihr Bewusstsein für hochwertige Daten schärfen.
Gerade bei der Implementierung von GenAI spielt die Datenqualität eine entscheidende Rolle: Je besser die Datengrundlage, desto präziser und wertschöpfender können KI-Anwendungen arbeiten. Welches KI-Modell zum Einsatz kommt, ist hier sekundär, denn den tatsächlichen Wettbewerbsvorteil macht eine durchgängig hohe Datenqualität aus.
In stark regulierten Branchen wie dem Finanz- und dem Gesundheitswesen sind die Anforderungen an die Datenqualität besonders hoch. Daher ist hier das Risiko, auf ein neues System umzusteigen, entsprechend hoch. Dabei wäre ein Wechsel auf moderne, cloudbasierte Systeme vorteilhaft, denn die Wartungskosten für Legacy-Systeme steigen immer weiter. Gleichzeitig eröffnet der Einsatz moderner Datenmanagement- und KI-Systeme neue Möglichkeiten für zukunftsträchtige Geschäftsmodelle.
Langfristige Basis für den GenAI-Einsatz schaffen
Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass viele der aktuellen GenAI-Projekte an mangelhafter Datenqualität, unklaren Geschäftsnutzen und fehlenden Risikokontrollen scheitern. Der Hype hat viele Firmen zu voreiligen Investitionen in GenAI-Lösungen verleitet, ohne durchdachte Strategie oder ein tiefgehendes Verständnis der Technologie. Oft sind es genau diese Unternehmen, die in ihren Anwendungen nicht über das anfangs erwähnte Proof-of-Concept-Stadium hinauskommen.
Wer jedoch den langfristigen und wertschöpfenden Einsatz von GenAI anstrebt, muss tiefer ansetzen. Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter kontinuierlich weiterbilden, um das nötige Know-how für den Einsatz von GenAI aufzubauen. Gleichzeitig ist eine klare Daten- und KI-Strategie unerlässlich, um sicherzustellen, dass alle relevanten Prozesse gut strukturiert und transparent sind. Dazu gehört auch, die notwendigen Strukturen zu schaffen, um Datenqualität und -management auf ein hohes Niveau zu heben.
Dieses "Aufräumen" hat gleich mehrere positive Effekte: Zum einen schaffen Organisationen Transparenz über ihre Daten, was die Grundlage für vertrauenswürdige KI-Anwendungen bildet. Zum anderen kann eine saubere Datengrundlage den Grundstein für bessere Prozesse und sogar neue Geschäftsmodelle legen. So ebnen Unternehmen den Weg für eine Zukunft, in der GenAI nicht nur ein Hype ist, sondern einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil schafft.
Fazit
Gute KI beginnt mit guten Daten. Daten sind die Grundlage für innovative moderne Technologien. Um hier das maximale Potenzial auszuschöpfen, bedarf es einer sorgfältigen strategischen Vorarbeit sowie klaren Prozessen und Zuständigkeiten. Dafür müssen Unternehmen gezielt investieren – und zwar in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter sowie die passenden Instrumente.
ln/Tiankai Feng, Head of Data Strategy & Data Governance Services bei Thoughtworks Europe