Digitale Zwillinge in der Fertigung (3)
Digitale Zwillinge sind virtuelle Modelle von Maschinen, Systemen oder Prozessen, die die Funktionen des Originals genau reproduzieren. Sie dienen der Simulation in unterschiedlichen Umgebungen, Funktionszusammenhängen und Engpasssituationen. Dadurch lassen sich nicht nur viel Zeit und Geld einsparen, sondern auch Schäden an Mensch und Umwelt vermeiden. Wir zeigen zentrale Anwendungsgebiete. Im dritten Teil geht es darum, wie digitale Zwillinge zu einem verbesserten Datenmanagement führen und bei der Schulung von Mitarbeitern helfen können.
Bessere Werkzeuge
Mithilfe virtueller Nachbildungen realer Objekte und Prozesse wird die Programmierung von Robotern revolutioniert. Der Einsatz der DZ-Technologie birgt enormes Potenzial, mit unzähligen Vorteilen, die über die bloße Simulation hinausgehen. In der Fertigung kann beispielsweise ein DZ eines Roboterarms dabei helfen, die Produktionsprozesse zu optimieren, Engpässe zu erkennen und Wartungsbedarf vorherzusagen, ohne die Produktivität des Roboters zu beeinträchtigen. Darüber hinaus lässt sich die Technologie des digitalen Zwillings noch verbessern, indem die Industrieroboter mit der neuesten neuronalen Rekonstruktionstechnologie kombiniert werden. Dadurch entsteht in der 3D-Modellierung noch mehr Präzision und Effizienz.
Einer der beliebtesten Use Cases für digitale Zwillinge – insbesondere in der Automobilindustrie – ist die Bedienung drahtloser Werkzeuge. Zu Montagezwecken können Sensorsysteme bestimmte Werkzeuge identifizieren und deren Anzugssequenzen und Drehmoment-Einstellungen steuern, basierend auf dem Objekt, an dem sie arbeiten. Sie reduzieren auch den Arbeitsaufwand, indem sie Bauteile am Fließband automatisch identifizieren.
Was das Werkzeugmanagement betrifft, lassen sich Werkzeuge mithilfe digitaler Zwillinge sehr schnell und einfach organisieren. Beispielsweise können Signale vor einer falschen Lagerung oder dem Verlassen von bestimmten Zonen warnen. Messungen der Werkzeugnutzung optimieren die Planung regelmäßiger Wartungsarbeiten an den Werkzeugen und tragen dazu bei, die Wartungskosten zu senken.
Optimierte Flexibilität und Skalierbarkeit
Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit, die Flexibilität und Skalierbarkeit zu erhöhen. Mit einem digitalen Zwilling können sich Unternehmen schnell an veränderte Einflussgrößen anpassen und die Produktion je nach Bedarf vergrößern oder verkleinern. Dank dieser Technologie lassen sich beispielsweise Teile des Herstellungsprozesses in Abhängigkeit zur gesamten Produktion analysieren und so einzelne Bereiche gezielt identifizieren und optimieren. Dadurch steigern Firmen die Effizienz und reduzieren Abfälle und Verschwendung.
Gleichzeitig kann ein DZ zu erheblichen Kosteneinsparungen führen. Durch eine erhöhte Flexibilität und optimierte Effizienz entsteht für Unternehmen ein entscheidender Wettbewerbsvorteil: Schnellere Anpassung an veränderte Markt- und Kundenanforderungen.
Verbessertes Datenmanagement
Ein DZ verbessert auch das Datenmanagement und erlaubt Unternehmen, Daten zu sammeln, zu speichern und zu analysieren. Dadurch sind sie in der Lage, fundierte Entscheidungen auf der Grundlage genauer und aktueller Informationen leichter und schneller zu treffen. Zum Beispiel lassen sich Daten verschiedener Sensoren sammeln und in einer zentralen Datenbank speichern. Dies hilft dabei, Informationen in Echtzeit zu analysieren, Probleme schnell zu identifizieren, umgehend Korrekturmaßnahmen zu ergreifen und letztlich die Gesamteffizienz und Produktivität zeitnah zu verbessern. Dieses Vorgehen verbessert parallel auch die Datensicherheit, denn die zentrale Speicherung erleichtert den Schutz vor unbefugtem Zugriff und die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorschriften.
Schließlich fließen mithilfe eines digitalen Zwillings auch Daten wie beispielsweise Kundenfeedback und Marktforschung direkt auf eine Datenplattform ein. Erst durch die Analyse eines solchen umfangreichen, aktuellen und qualitativ hochwertigen Datenpools ist es möglich, fundierte Entscheidungen über Produktentwicklung, Marketing und andere Geschäftsbereiche zu fällen.
Nützliches Wissen
In der globalen Präsenz vieler Unternehmen ist der standortübergreifende Wissenstransfer von entscheidender Bedeutung. Es kann mitunter schwierig sein, sicherzustellen, dass die Teams stets effizient und mit aktuellen Informationen kommunizieren. Das Versenden eines digitalen Zwillings aus einer Fabrikhalle an wichtige Stakeholder sorgt für zuverlässige Abstimmungen im gesamten Konzern. Und statt kostspieliger Reisen und dem Mitschleppen von Unterlagen verwenden die Entscheidungsträger einfach ihre Mobilgeräte, um virtuelle Modelle einer Produktionslinie und den gesamten Kontext des sie umgebenden Raums anzuzeigen.
Auch bei der Vorbeugung von Unfällen spielen DZs eine Rolle, indem sie das Sicherheitspersonal dabei unterstützen, Risikofaktoren am Arbeitsplatz zu reduzieren. Beispielweise sorgen tragbare Tracking-Sensoren dafür, die Bewegung ihrer Mitarbeiter am Produktionsstandort zu verfolgen, und senden Warnungen, wenn die Sicherheit einer Person gefährdet ist.
Schließlich bessert ein DZ die Schulung neuer Mitarbeiter. Schulungen in Seminarräumen lassen häufig die kontextbezogene Relevanz einiger Sicherheits- oder Kompetenzmaterialien vermissen, während Schulungen vor Ort in einer Fabrik oder Werkshalle aufgrund des aktiven Betriebs und des Lärms die Möglichkeit, Fragen zu stellen oder bestimmte Bereiche zu überprüfen, einschränken können. Digitale Zwillinge ermöglichen es den Mitarbeitern, ihre neue Arbeitsumgebung ohne physische Risiken oder mögliche Betriebsstörungen zu erleben. Sie können durch die virtuelle Darstellung navigieren und verknüpfte AR-Trainings absolvieren, während sie gleichzeitig den Arbeitsplatz und die physische Umgebung praktisch kennen lernen und ihre Fähigkeiten dort gleich anwenden können.
Fazit
Durch den Einsatz eines digitalen Zwillings gewinnen Unternehmen wertvolle Einblicke in die Leistung ihrer Produkte und Prozesse in der realen Welt, ohne dass kostspielige und zeitaufwändige physische Experimente erforderlich sind. Die Möglichkeit, Daten über Werkzeug-, Maschinen-, Arbeiter- und Systemeffizienz in Echtzeit zu sammeln, bietet neue Möglichkeiten zur Verbesserung von Produktionslinien und zur Durchführung von Tests an digitalen Modellen, ohne die Produktivität des Standorts gefährden zu müssen. Dies führt in der Regel zu Kosteneinsparungen, erhöhter Wettbewerbsfähigkeit und einer verbesserten Gesamteffizienz in der Fertigungsindustrie.
ln/jp/Otto Geissler
Im ersten Teil der Workshopserie haben wir gezeigt, welche Vorüberlegungen Sie vor der Einführung von digitalen Zwillingen anstellen sollten und was bei der Auswahl der Infrastruktur zu beachten ist. Im zweiten Teil schilderten wir einige Anwendungsfälle in der Produktion, etwa das Ausarbeiten von Use Cases bei Tests und Markteinführung.