Grüne IT durch energieeffizientes Computing

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Grüne IT durch energieeffizientes Computing

19.02.2025 - 10:00
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Energieeffizientes Computing ist entscheidend für Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitsziele erreichen und Kosten senken möchten. Der Fachartikel zeigt, wie neuromorphe Chips und optimierte Algorithmen nicht nur den CO2-Fußabdruck reduzieren, sondern auch die Effizienz von IT-Infrastrukturen steigern. Neben dem Fokus auf technische Details und Hardware geht der Beitrag auf praxisnahe Anwendungsfälle ein und verdeutlicht, wie Organisationen nachhaltige IT-Strategien umsetzen und gleichzeitig wirtschaftlich profitieren können.

Die fortschreitende Digitalisierung treibt den Energieverbrauch von IT-Systemen in die Höhe. Rechenzentren, die für die Speicherung und Verarbeitung riesiger Datenmengen verantwortlich sind, verbrauchen heute bereits zwischen ein und zwei Prozent des weltweiten Energiebedarfs – ein Anteil, der durch datenintensive Anwendungen wie künstliche Intelligenz, Internet of Things (IoT) und Big Data weiter zunimmt. Angesichts steigender Energiepreise und strengerer Umweltauflagen stehen Unternehmen unter Druck, innovative Ansätze zu entwickeln, um den Energieverbrauch ihrer IT-Systeme zu reduzieren.

Energieeffizientes Computing setzt hier an und verbindet technologische Innovation mit Nachhaltigkeitszielen. Es umfasst Hardware- und Softwarewerkzeuge, die den Energiebedarf von IT-Infrastrukturen minimieren und gleichzeitig die Leistung optimieren. Durch die Optimierung von IT-Prozessen – etwa durch automatisierte Workflows oder KI-gestützte Agents – können Organisationen ihre IT-Systeme nicht nur beschleunigen, sondern auch nachhaltiger gestalten.

Hardwarerevolution für effizientes Computing
Eine der vielversprechendsten Entwicklungen im Bereich ressourcenschonender Hardware sind neuromorphe Chips. Diese Prozessoren sind von der Funktionsweise des menschlichen Gehirns inspiriert und stellen einen radikalen Bruch mit der traditionellen Von-Neumann-Architektur dar, die seit Jahrzehnten die Grundlage moderner Computer bildet.

Das zentrale Prinzip, das als "Spiking Neural Networks" bezeichnet wird, basiert auf der ereignisgesteuerten Datenverarbeitung. Im Gegensatz zu herkömmlichen Prozessoren, die konstant aktiv sind, arbeiten diese Chips nur dann, wenn tatsächlich neue Informationen vorliegen. Dieser selektive Ansatz reduziert den Energieverbrauch und macht sie besonders geeignet für rechenintensive Anwendungen wie KI-gestützte Mustererkennung.

Auch KI-Modelle spielen eine wichtige Rolle: Statt auf großflächige Modelle zu setzen, wie sie für OpenAI genutzt werden, können spezialisierte Small Language Models (SLMs) den Energieverbrauch erheblich reduzieren. Diese Modelle, wie sie etwa von ServiceNow eingesetzt werden, sind auf spezifische Aufgaben zugeschnitten, erfordern weniger leistungsstarke GPUs und tragen damit zur Nachhaltigkeit bei.

Mehr Effizienz durch optimierte Algorithmen
Neben der Hardware spielt auch die Software eine nicht zu unterschätzende Rolle. Optimierte Algorithmen tragen dazu bei, den Energieverbrauch moderner IT-Infrastrukturen zu senken – und das eben ohne die Notwendigkeit, in neue Hardware zu investieren.

Ein Bereich, in dem dies besonders deutlich wird, ist die KI: Herkömmliche KI-Modelle, wie große neuronale Netze, benötigen immense Rechenressourcen, was zu einem hohen Energieverbrauch führt. Reduzierte Modelle, auch "pruned models" genannt, eliminieren überflüssige Verbindungen innerhalb eines neuronalen Netzes und vermeiden so unnötige Rechenoperationen. Parallel dazu ermöglicht die Quantisierung eine Verringerung der numerischen Präzision, wodurch der Energieverbrauch für die Berechnungen sinkt.

Beide Ansätze optimieren die Effizienz, ohne signifikante Verluste bei der Modellgenauigkeit zu verursachen. Trotz geringer Einbußen bei der Modellgenauigkeit lassen sich so erhebliche Einsparungen beim Energieverbrauch erzielen. Diese Optimierungen sind insbesondere für KI-basierte Anwendungen relevant, die in großem Maßstab betrieben werden, etwa in der Bild- und Sprachverarbeitung. Automatisierte Prozesse und Workflows tragen ebenfalls dazu bei, den Ressourcenverbrauch in Unternehmen zu minimieren. Durch die Beseitigung ineffizienter Abläufe werden IT-Systeme schlanker und ressourcenschonender.

Eine weitere Möglichkeit energieeffizient zu arbeiten, ist das Edge Computing, bei dem Daten nahe an der Quelle verarbeitet werden, anstatt sie an zentrale Rechenzentren zu senden. Dieser Ansatz reduziert den Energiebedarf für den Datenverkehr und ermöglicht eine schnellere Verarbeitung in Echtzeit. Ein Beispiel hierfür ist die Verarbeitung von Sensordaten in IoT-Systemen. Durch die Kombination stromsparender Algorithmen mit Low-Power-Prozessoren lässt sich die Leistungsfähigkeit solcher Systeme nochmals steigern. Dies ist insbesondere für Branchen wie die Logistik oder die Fertigungsindustrie relevant, in denen große Mengen an Echtzeitdaten anfallen.

Nachhaltigkeit durch smarte Infrastruktur
Rechenzentren stehen seit jeher im Mittelpunkt der Diskussion um energieeffizientes Computing, da sie aufgrund ihres hohen Energieverbrauchs besonders unter Beobachtung stehen. GPUs in Rechenzentren können pro Jahr bis zu 3,7 MWh Strom verbrauchen – eine Menge, die mit dem jährlichen Energieverbrauch eines Haushalts vergleichbar ist.

Ein großer Teil des Energieverbrauchs in Rechenzentren entfällt auf die Kühlung. Flüssigkeitskühlsysteme, bei denen das Kühlmittel direkt an den Prozessoren angebracht wird, bieten eine wesentlich effizientere Alternative zu herkömmlichen luftbasierten Systemen. Sie ermöglichen nicht nur eine effektivere Wärmeableitung, sondern auch eine höhere Serverdichte. Zusätzlich lässt sich die abgeführte Wärme durch Wärmerückgewinnungssysteme sinnvoll nutzen, etwa zur Beheizung von Gebäuden oder für industrielle Prozesse.

Eine weitere Möglichkeit, Rechenzentren besonders effizient zu gestalten, ist der Einsatz von Automatisierung und KI. Mithilfe von Energiemanagement-Tools können IT-Administratoren den Energieverbrauch ihrer Systeme in Echtzeit überwachen und optimieren. KI-Algorithmen sind in der Lage, Muster im Verbrauch zu erkennen und Empfehlungen für eine bessere Ressourcenkalkulation zu geben. So können beispielsweise Serverlasten dynamisch angepasst werden, um Überkapazitäten zu vermeiden und die Energieeffizienz zu maximieren.

Energieeffizientes Computing in der Praxis
Im Finanzsektor, der stark auf datenintensive Prozesse wie Hochfrequenzhandel und Risikomodellierung angewiesen ist, hat energieeffizientes Computing bereits große Fortschritte gemacht. Banken und Finanzinstitute setzen zunehmend auf spezialisierte Hardware und optimierte Algorithmen, um ihre IT-Systeme zu optimieren.
In der Fertigungsindustrie bieten IoT-basierte Systeme, die Produktionsanlagen in Echtzeit überwachen, große Einsparpotenziale. Insbesondere der Einsatz von Edge-Computing, das Daten direkt vor Ort verarbeitet, reduziert den Energieaufwand für die Datenübertragung und entlastet zentrale Rechenzentren.

Ressourcenschonende Technologien sind auch im Bereich der Forschung und Entwicklung von Bedeutung. Supercomputer, die in der Wissenschaft eingesetzt werden, sind für ihren hohen Energieverbrauch bekannt. Durch den Einsatz neuer Kühltechnologien und optimierter Rechenalgorithmen erzielen Forschungsinstitute jedoch erhebliche Einsparungen. So hat beispielsweise das Leibniz-Rechenzentrum in Deutschland seine Energieeffizienz durch den Einsatz von Flüssigkühlung und erneuerbaren Energien signifikant gesteigert.

Nachhaltige Strategien für IT-Administratoren
Für IT-Administratoren ist die Umsetzung ressourcenschonender Strategien ein zentraler Schritt, um Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und gleichzeitig die Betriebskosten zu senken. Folgende Punkte sind dabei zu berücksichtigen:

  1. Bestandsaufnahme der IT-Infrastruktur: Eine umfassende Analyse des Energieverbrauchs in der bestehenden IT-Infrastruktur ist unerlässlich, um Einsparpotenziale zu identifizieren. Dabei sollten sowohl Hardwarekomponenten wie Server, Netzwerke und Speicherplattformen als auch Softwareanwendungen auf ihre Effizienz hin geprüft werden. Tools zur Überwachung des Stromverbrauchs, wie PUE-Analysen, helfen dabei, unwirtschaftliche Systeme zu erkennen. Auf Basis dieser Daten können IT-Verantwortliche gezielte Maßnahmen entwickeln, um energieintensive Prozesse zu optimieren oder durch besser geeignete Alternativen zu ersetzen.
  2. Investition in nachhaltige Hardware und Monitoringsysteme: Die Auswahl ressourcenschonender Hardware ist ein zentraler Hebel zur Senkung des Energieverbrauchs. Server mit hoher Leistungsdichte, Prozessoren mit optimierter Energieeffizienz und moderne Kühlsysteme bieten Unternehmen erhebliche Einsparpotenziale. Ergänzend dazu sollten Überwachungstools eingesetzt werden, die den Energieverbrauch in Echtzeit analysieren und ineffektive Prozesse aufdecken. Diese Kombination ermöglicht eine zielgerichtete Optimierung der Infrastruktur und trägt dazu bei, langfristig Kosten zu senken.
  3. Schulungen und Weiterbildung: Die Einführung neuer Technologien erfordert qualifiziertes IT-Personal. Regelmäßige Schulungen und Workshops helfen Administratoren, sich mit neuen Ansätzen vertraut zu machen und diese effektiv einzusetzen. Zertifizierungen und der Austausch auf Fachveranstaltungen fördern zusätzlich das Know-how. So wird sichergestellt, dass Unternehmen mit der technologischen Entwicklung Schritt halten und Einsparpotenziale konsequent nutzen können.

Fazit
Energieeffizientes Computing ist nicht nur ein wichtiger Baustein zur Erreichung von Umweltzielen, sondern auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Mit Technologien wie neuromorphen Chips, optimierten Algorithmen und nachhaltigen Rechenzentren können Unternehmen Betriebskosten senken und gleichzeitig ihre Umweltbilanz verbessern. Die Integration von spezialisierten KI-Modellen, automatisierte Workflows und nachhaltige Rechenzentren bieten Unternehmen Werkzeuge, um ihre IT-Systeme effizienter und ressourcenschonender zu gestalten.

ln/Michael Wallner, Head of Generative AI GTM für EMEA Central bei ServiceNow

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