Proaktive IT im Support

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Proaktive IT im Support

21.05.2025 - 07:00
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Die immer komplexere IT-Landschaft in Organisationen wird vielerorts zur Belastungsprobe für die IT-Teams. Ein Weg aus dem Dilemma ist eine Strategie, die auf vorausschauende statt auf reaktive Problemlösung setzt. Der Fachartikel zeigt, wie IT-Administratoren mit Automatisierung, datengestützten Analysen und einer Verlagerung der Problemlösungskompetenz hin zum Anwender eine widerstandsfähigere und effizientere IT-Umgebung schaffen können.

"Weshalb dauert es so lange, bis ihr reagiert?" Diese Frage aus der Belegschaft dürfte jeder IT-Administrator zur Genüge kennen. Die Antwort auf diesen Vorwurf steckt bereits in der Frage an sich: Viele IT-Abteilungen sind mehr und mehr überlastet und können nur mehr reagieren, aber kaum noch proaktiv agieren. Kein Wunder, denn die Aufgaben sind umfassender und komplexer als jemals zuvor. Clouddienste, mobile Geräte und eine wachsende Anzahl spezialisierter Anwendungen sind zur Norm geworden. Und gleichzeitig hat die Integration von künstlicher Intelligenz in Geschäftsprozesse die Dynamik nochmals beschleunigt und zu einer exponentiellen Zunahme der Komplexität geführt. IT-Teams müssen diese Umgebungen verwalten, die Sichtbarkeit kritischer Systeme sicherstellen und dabei gleichzeitig eine reibungslose Digital Employee Experience gewährleisten. Alles andere als eine einfache Aufgabe.

Die Eskalationsspirale im traditionellen IT-Support
In vielen Unternehmen ist der IT-Support noch immer reaktiv geprägt: Probleme werden – auch aufgrund Personal- und Zeitmangels – erst dann angegangen und überhaupt auch erst bemerkt, wenn sie auftreten und sich in Form von Supporttickets bemerkbar machen. Diese Arbeitsweise führt oft zu einer regelrechten Eskalationsspirale, in der Level-1-Tickets an erfahrenere (und damit auch teurere) Supportmitarbeiter weitergeleitet werden müssen, um gelöst zu werden.

Dadurch entstehen unnötige Kosten, da erfahrene Mitarbeiter Zeit mit der Bearbeitung von Routineproblemen verbringen – strategische Projekte verzögern sich somit. Langsame Lösungen durch das Weiterleiten von Tickets führen zu Ausfallzeiten der betroffenen Mitarbeiter, was wiederum deren Zufriedenheit und Produktivität beeinträchtigt. Hinzu kommt eine ineffiziente Ressourcennutzung, da sich IT-Teams hauptsächlich mit der Bekämpfung von akuten Problemen befassen, anstatt die IT-Infrastruktur zu optimieren und weiterzuentwickeln. Kurz: Es wird reagiert, nicht agiert.

Eine proaktive IT-Betriebsstrategie hingegen zielt darauf ab, Probleme zu erkennen und zu beheben, bevor sie sich auf die Benutzer und damit auch auf die IT-Abteilung auswirken. Dies erfordert einen grundlegenden Paradigmenwechsel im IT-Support. Durch Monitoringtools und Analysetechniken lassen sich potenzielle Störungen frühzeitig erkennen, bevor sie sich zu Ausfällen entwickeln. Automatisierte Ansätze in Form von Skripten und Workflows ermöglichen die rasche und effiziente Behebung häufig auftretender Probleme, ohne dass ein manueller Eingriff erforderlich ist.

Die Bausteine einer proaktiven IT-Strategie
Ein umfassendes Monitoring der IT-Infrastruktur ist die Basis für eine proaktive IT-Strategie. Moderne Monitoringtools erfassen im Minutentakt eine Vielzahl von Datenpunkten, darunter Systemauslastung, Netzwerkleistung, Anwendungsperformance und die Experience Data der Enduser. Diese Informationen lassen sich dann durch Machine Learning analysieren, um Anomalien und potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen.

Die Automatisierung von Routineaufgaben ist ein weiterer wichtiger Baustein einer proaktiven IT-Strategie. Entsprechende Skripte und Workflows eignen sich dafür, um häufig auftretende Probleme zu beheben, Software zu installieren, Konfigurationen zu ändern und andere Aufgaben auszuführen, ohne dass ein manueller Eingriff erforderlich ist. Ein Skript könnte beispielsweise automatisch den Cache einer Collaboration-Anwendung leeren, wenn ein Benutzer Leistungsprobleme meldet. Dies löst das Problem schnell, ohne dass ein Support-Mitarbeiter eingreifen muss. Durch die Automatisierung einer Vielzahl von Aufgaben können IT-Teams ihre Effizienz steigern und wertvolle Zeit für strategische Projekte gewinnen.

Künstliche Intelligenz und Machine Learning spielen eine zunehmend wichtige Rolle bei der proaktiven IT. KI/ML-Algorithmen können große Datenmengen analysieren, Muster erkennen und Vorhersagen treffen, die es IT-Teams ermöglichen, Probleme zu antizipieren und vorausschauende Maßnahmen zu ergreifen.

Ein Beispiel: In einem Unternehmen stürzten jeden Donnerstag um 15 Uhr die Anwendungen ab.  Herkömmliche Überwachungstools zeigen lediglich an, dass die CPU-Auslastung kurz vor jedem Absturz auf fast 100 Prozent ansteigt, ohne dass sich die Ursache dafür ermitteln lässt. Durch die Implementierung eines KI/ML-fähigen Überwachungstools, das lernt, was in diesem System "normal" ist und was nicht, kann das IT-Team Muster in Systemmetriken, Anwendungsprotokollen und Geschäftsprozessen analysieren. Nach einigen Wochen Monitoring erkennt das fortschrittliche KI/ML-Tool eine Korrelation: Die Abstürze stehen im Zusammenhang mit einem wöchentlichen, automatisierten Bericht, der kürzlich geändert wurde, um komplexere Berechnungen zu ermöglichen.

In diesem Beispiel ergab die Anomalieerkennung, dass eine schlecht optimierte Abfrage bei der Verarbeitung des erweiterten Datensatzes Speicherlecks und CPU-Thrashing verursachte. Nach der Identifizierung wurde die Abfrage umgeschrieben, und die wöchentlichen Abstürze verschwanden vollständig. Was wochenlang ein hartnäckiges Rätsel war, ließ sich innerhalb weniger Tage lösen, nachdem die richtigen Muster erkannt worden waren.

Shift Left: Verlagerung der Problemlösung
"Shift Left" bezeichnet eine Strategie, die die Problemlösung an den Anfang des IT-Supportprozesses verlagert. Dies bedeutet, dass Level-1-Support-Mitarbeiter und Nutzer in die Lage versetzt werden, Probleme selbstständig zu lösen, anstatt sie an höher qualifizierte Support-Mitarbeiter weiterzuleiten. Durch die Bereitstellung von Wissensdatenbanken und Self-Service-Portalen können Nutzer Fälle selbstständig lösen, ohne den IT-Support kontaktieren zu müssen.

Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter kann nicht drucken. Im traditionellen Modell eskaliert er das Problem an den IT-Helpdesk. Beim "Shift Left"-Ansatz erhält der User Zugriff auf eine Self-Service-Wissensdatenbank mit Anleitungen zur Fehlerbehebung bei gängigen Druckerproblemen (zum Beispiel Papierstau, Toner leer, Verbindungsprobleme). Kann er das Problem nicht selbst lösen, hilft ein Chatbot, der ihn durch Standardlösungen führt oder automatisiert den Drucker neu installiert. Nur wenn diese ersten Schritte fehlschlagen, kommt ein Level-1-Techniker ins Spiel – idealerweise mit bereits gesammelten Informationen durch den Chatbot. Grundsätzlich gilt es hier, die richtige Balance zu finden, damit sich die Mitarbeiter nicht komplett an den virtuellen Support abgeschoben fühlen.

Fazit
Eine proaktive IT-Strategie kann die Effizienz steigern, Ausfallzeiten reduzieren und Benutzererfahrung im Allgemeinen verbessern. Durch den Einsatz von Überwachungstools, Automatisierung, KI und maschinellem Lernen können IT-Teams Probleme frühzeitig erkennen und beheben, oft bevor sie die Produktivität beeinträchtigen. Natürlich erfordert die Umsetzung sorgfältige Planung, um Tools und Prozesse zu optimieren und sicherzustellen, dass IT-Teams effizient arbeiten und sich auf strategische Prioritäten konzentrieren können.

ln/Alexander Laubert, Director DACH bei Lakeside