So gestalten Unternehmen ihre IT-Infrastruktur souverän

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So gestalten Unternehmen ihre IT-Infrastruktur souverän

15.01.2025 - 07:32
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Digitale Souveränität und Datenschutz prägen zunehmend die Cloudstrategien deutscher Unternehmen. Der Trend zur souveränen Cloud wächst, doch der Weg dorthin ist komplex: Welche Vorteile bietet eine souveräne Multicloud-Strategie? Welche Herausforderungen müssen Organisationen meistern, um ihre IT sicher und unabhängig aufzustellen? Unser Artikel beleuchtet das Konzept der souveränen Cloudansätze und gibt praktische Tipps für die erfolgreiche Implementierung.

Schon heute zeigt sich, dass Unternehmen auf ein gewisses Maß an Unabhängigkeit in ihrer IT-Infrastruktur Wert legen, um digitale Souveränität zu erreichen. Rund 98 Prozent der Unternehmen in Deutschland achten bei der Wahl ihrer Cloudanbieter beispielsweise auf den Standort der Rechenzentren, wie aus dem Bitkom Cloud Report 2024 hervorgeht.

Gleichzeitig unterstreicht die aktuelle eco-Studie "Spillover-Effekte von Rechenzentren" deren hohe Bedeutung für Innovationen in Deutschland. Denn moderne und sichere Rechenzentren sind das Rückgrat für Technologien wie KI und datenbasierte Geschäftsmodelle. Unternehmen, die künstliche Intelligenz im Data Center nutzen, verzeichnen höhere Produktivitätsgewinne als jene mit lokaler IT-Infrastruktur.

Die Umfrageergebnisse verdeutlichen die Wichtigkeit einer souveränen Cloudinfrastruktur für Unternehmen. Doch die Umsetzung stellt viele vor große Herausforderungen – sowohl technisch als auch strategisch. Laut Bitkom wissen 65 Prozent der deutschen Unternehmen wenig bis gar nichts über Anforderungen und konkrete Vorteile von souveränen Clouds. Gerade mit Blick auf geopolitische Entwicklungen ist es aber Zeit, dass sich alle Verantwortlichen – von IT-Administration bis Geschäftsführung – mit dem Thema befassen.

Der Weg zur souveränen Cloud bringt einige technische Anforderungen mit sich. Allen voran: stabile Infrastrukturen und hohe Interoperabilität, um Daten sicher zwischen verschiedenen Cloudplattformen verschieben zu können. Doch neben der Frage nach der technischen Umsetzung stehen oft Fragen des Managements nach Kosten und Nutzen im Raum. Ohne ein Commitment der Unternehmensführung fehlen die finanziellen Mittel, um die Erstinvestitionen für den Aufbau einer souveränen Cloudinfrastruktur zu realisieren.

Flexibilität und Datenschutz steigern das Vertrauen
Um diese erste Hürde beim Management erfolgreich zu nehmen, ist es essenziell, die konkreten Vorteile für das Unternehmen zu verstehen und darzulegen. Vor allem als Teil einer Multicloud-Strategie können Unternehmen die Stärken einer Public Cloud mit einer souveräne Cloud kombinieren – und so den meisten Nutzen aus souveränen Clouds ziehen. Während Public Clouds häufig kostengünstige und skalierbare Ressourcen für standardisierte Anwendungen bieten, eignet sich die souveräne Cloud speziell für die Speicherung und Verarbeitung sensibler Daten. 51 Prozent der deutschen Unternehmen bauen ihre IT laut eco-Studie bereits auf externe Rechenzentren auf, wobei Clouddienste zunehmend als Innovationstreiber gelten. Die Kombination aus souveräner und Public Cloud schafft eine Hybridstruktur, die nicht nur sicher, sondern auch flexibel und leistungsstark ist.

Für Unternehmen bringt diese hybride Strategie mehrere Vorteile: Sie verhindert einen Vendor-Lock-in und bietet mehr Flexibilität. Denn Unternehmen vermeiden damit den Verlust der Datenhoheit und reduzieren Anbieterabhängigkeiten. Vor allem für besonders schützenswerte Daten und für den Betrieb essenzieller Anwendungen sind diese beiden Aspekte von immenser Bedeutung.

Dies bringt einen weiteren wichtigen Vorteil mit sich: Die Compliance der digitalen Infrastruktur lässt sich auf diese Weise nachhaltig sichern. So können sensible und datenschutzrelevante Informationen, die laut DSGVO besonderen Schutz erfordern – wie personenbezogene Daten oder geschäftskritische Informationen –, in souveränen Clouds gespeichert werden. Weniger sensible Daten verbleiben hingegen in Public Clouds, wodurch eine optimale Ressourcennutzung erreicht wird.

Die eingangs erwähnte eco-Studie bestätigt außerdem, dass die Wahl eines DSGVO-konformen Cloudanbieters mit Serverstandorten in der EU für Unternehmen einen entscheidenden Unterschied macht und das Vertrauen von Kunden und Geschäftspartnern stärkt. Damit wird eine souveräne Infrastruktur zum großen Plus in der Kundenkommunikation und sogar beim Neugeschäft. Letztlich profitieren Unternehmen also langfristig von einer souveränen Cloud, die nicht nur hohe Sicherheitsstandards erfüllt, sondern durch ihre EU-Konformität auch eine zusätzliche rechtliche Absicherung bietet.

Integration in Multicloud: So gelingt die souveräne Cloud
Doch der Einsatz einer souveränen Cloud innerhalb der Multicloud muss gut vorbereitet und umgesetzt werden. Eine erfolgreiche Integration beginnt mit einer detaillierten Analyse, um zu bestimmen, welche Daten und Anwendungen die höchsten Sicherheitsanforderungen aufweisen. Für diese sollten Unternehmen immer den Betrieb in der souveränen Cloud priorisieren. Ein Beispiel: Eine Finanzanwendung, die besonders sensible Daten verarbeitet, könnte vollständig in die souveräne Cloud migriert werden, während das Analysetool für Zugriffe auf die Websites in der Public Cloud verbleibt.

Wie eingangs bereits beschrieben, ist Interoperabilität essenziell, um eine souveräne Cloud in die eigene Infrastruktur zu integrieren. Wer bereits eine Multicloud-Strategie umsetzt, baut auf spezielle Management- und Orchestrierungstools, die Anwendungen und Daten zwischen Clouds bewegen, ohne die Integrität und Sicherheit zu beeinträchtigen. Gerade bei einer angeschlossenen souveränen Cloud muss zudem die sichere Übertragung im Fokus stehen, um die Datensouveränität nicht zu gefährden. Zusätzliche Verschlüsselungen, VPNs und Firewalls sind unerlässlich, um jederzeit die Hoheit über die Daten behalten zu können. Bei der Ersteinrichtung einer souveränen Cloud könnte zudem eine physische Übertragung und Einrichtung von Daten und Anwendungen in Erwägung gezogen werden. Eine physische Übertragung bietet zusätzlichen Schutz, indem die Daten komplett offline in die souveräne Cloud migriert werden.

Effektive Zugriffsrichtlinien sowie ein Echtzeit-Monitoring sorgen im laufenden Betrieb dafür, dass Schwachstellen frühzeitig erkannt und Compliance-Anforderungen kontinuierlich überwacht werden können, etwa wenn unerlaubte Zugriffe auf sensible Daten in der souveränen Cloud erfolgen. Dies stellt sicher, dass alle Prozesse und Datenflüsse den regulatorischen Vorgaben entsprechen und die Sicherheit sensibler Daten zu jeder Zeit gewährleistet ist.

Daneben sind robuste Backup- und Wiederherstellungsstrategien entscheidend, um den Geschäftsbetrieb auch bei Störungen oder Sicherheitsvorfällen aufrechtzuerhalten und schnell die vollständige Hoheit über Daten und Anwendungen wiederzuerlangen. Regelmäßige Audits der Sicherheitsmaßnahmen und Mitarbeiterschulungen zu Datenschutz und Bedrohungserkennung sind ebenfalls wichtig, um einheitliche Standards im Unternehmen zu etablieren und mögliche Sicherheitslücken zu minimieren.

Fazit
Unternehmen können ihr Potenzial nutzen, wenn sie auf souveräne Clouds setzen und auf diese Weise zugleich eine sichere Basis für künftige Angebote errichten. Neben Datensicherheit erlangen sie damit auch Unabhängigkeit von Anbietern und eine verlässliche, Compliance-konforme IT-Infrastruktur. Neue Technologien wie künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen eröffnen darüber hinaus innovative Anwendungen in souveränen Clouds. Nur Unternehmen, die sich rechtzeitig auf die Anforderungen der Cloudsouveränität einstellen, können die Chancen der digitalen Transformation optimal nutzen und langfristig ihre Datenhoheit und die technologische Unabhängigkeit in einer zunehmend unsicheren geopolitischen Lage sichern.

ln/Christian Schmitz, Director AI & Open Source bei plusserver

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