Checkliste für LAN-Tests auf Verkabelungsebene

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Checkliste für LAN-Tests auf Verkabelungsebene

03.08.2022 - 14:00
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Bei der Wartung eines bestehenden oder der Installation eines neuen Netzwerks kommt es darauf an, dass für eine optimale Leistungsfähigkeit sämtliche Verbindungen und Verkabelungen getestet werden. Tests lassen sich dabei auf drei Ebenen durchführen: Verifizierung, Qualifizierung und Zertifizierung. Der Fachartikel widmet sich vor allem der Zertifizierung und gibt Tipps sowohl für Twisted-Pair-Kupferkabel als auch für Glasfaser.
Bei Umzügen, Erweiterungen und Änderungen an bestehenden Netzwerkinstallationen sind Verifizierungstests erforderlich, um sicherzustellen, dass Kabel und Abschlusspunkte korrekt verbunden sind. Qualifizierungstests hingegen gewährleisten, dass die Verkabelung die richtige Bandbreite für die Aufgabe vorweist und so funktioniert, wie im Vorfeld geplant. Bei der Verkabelung neuer Gebäude oder bei der vollständigen Erneuerung der Netzwerkinfrastruktur in einem bestehenden Gebäude – ob Kupfer- oder Glasfaserkabel – sind wiederum ausführlichere Zertifizierungstests erforderlich, mit denen sich prüfen lässt, ob die Kabel den neuesten Normen entsprechen.

Tipps für die Zertifizierung von Twisted-Pair-Kupferkabeln
  • Zunächst ist die sogenannte "permanente Verbindung" zu prüfen, das heißt der feste Teil des Netzes, der vom Verteilerfeld bis zu einer Anschlussdose reicht. Er umfasst in der Regel ein Patchfeld, LAN-Kabel und eine Anschlussdose.
  • Nutzen Sie einen Permanent-Link-Adapter (PLA). Dies ist das einzige Mittel zur Durchführung eines echten Tests der Buchsen, die Teil der Verbindung sind. Es ist nicht erwünscht , dass die Verbindung zum Prüfgerät das Kabeltestergebnis beeinflusst, daher eliminieren PLAs die Auswirkungen des Prüfgerätekabels. PLAs bieten "zentrierte" NEXT-Eigenschaften (Near End Crosstalk) und ermöglichen so einen echten Test der Buchsen als Teil der Verbindung.
  • Akzeptieren Sie keine gerade noch guten Ergebnisse. Ein grenzwertiges Ergebnis liegt am Rande der Norm und wird in Zukunft wahrscheinlich zu Problemen führen. Die Ursache dafür könnte ein Herstellungsfehler bei der Verkabelung oder ein Installationsfehler sein, zum Beispiel eine zu starke Entdrillung des Kabels beim Anschluss während der Installation. Es ist auf jeden Fall besser, das Problem bei der Installation zu beheben, da Supportfälle unerwünscht und oft teuer sind.
  • Testen Sie die Integrität der geschirmten Verkabelung. Angesichts steigender Netzwerkgeschwindigkeiten ist es immer wahrscheinlicher, dass geschirmte Kabel zum Einsatz kommen. Ist die geschirmte Verkabelung nicht an beiden Enden der Verbindung angeschlossen und geerdet, so kann dies zu elektromagnetischen Störungen von 10 bis 20 dB führen, was "Alien Crosstalk" verursacht und die Konformität beeinträchtigt. In einem Rechenzentrum können solche Fehler kritisch sein.
  • Unsymmetrischer Testwiderstand beim Einsatz von Power-over-Ethernet (PoE). Ist der Widerstand eines Leitungspaares ungleichmäßig, gefährdet dies den PoE-Betrieb bei maximaler Belastung, und schlechte Kontakte verschlechtern sich mit der Zeit. Angesichts all der Vorteile der Konvergenz zwischen IT- und OT-Netzwerken kommen immer mehr PoE-Installationen zum Einsatz. So werden Informationen von Heizungs- und Klimasystemen, Sicherheitssystemen, IP-Beleuchtung et cetera alle IP-basiert, und dies bietet besonders in der intelligenten Gebäudeumgebung große Vorteile. Folglich müssen Installationstechniker prüfen, ob die Verkabelung die erforderliche Leistung aufnehmen kann und ob die Switches beim Anschluss von Bausteinen an das Netzwerk die für den Betrieb benötigte Leistung liefern können.
  • Erstellen Sie einen zusammenfassenden Bericht aller Messdaten. Ein Bericht belegt die ordnungsgemäße Ausführung der Arbeiten, stellt eine wichtige Voraussetzung für die Ausstellung einer Garantieerklärung dar und löst die Zahlung der Rechnung des Installateurs aus.


Tipps für die Zertifizierung von Glasfaserkabeln
  • Sauberkeit ist oberstes Gebot. Weil Schmutz für das bloße Auge unsichtbar ist, sollten Sie die Faser-Endflächen immer mit einer Kamera überprüfen. Kontrollieren und reinigen Sie auch die Anschlüsse der Prüfgeräte, damit Sie genaue Messungen vornehmen können.
  • Einstellen der Referenz: Dies ist die wichtigste Aufgabe nach der Reinigung. Beim Einstellen der Referenz setzt das Prüfgerät die Verbindungen, also die sogenannten Testreferenzkabel (TRCs), mit denen die zu prüfenden Verbindungen an das Prüfgerät angeschlossen werden, auf Null. Bei falsch eingestellter Referenz kann das Prüfgerät alle möglichen fehlerhaften Ergebnisse bis hin zu negativen Verlusten aufzeichnen. Angesichts des Einsatzes extrem verlustarmer Komponenten verlangen die Kabelhersteller, diese Referenz mehrmals am Tag einzustellen. Sobald der Tester ein negatives Verlustergebnis aufzeichnet, ist die Referenz erneut einzustellen.
  • Verwenden Sie qualitativ hochwertige TRCs mit Encircled-Flux-(EF-)Startkonditionierung. TRCs garantieren eine genaue Einspeisung des zum Testen der Glasfaserkabel verwendeten Lichts in die Glasfaser, sodass der Techniker präzise arbeiten kann.
  • Detaillierte Analyse von Verbindungsverlusten: Der Einsatz eines optischen Time-Domain-Reflektometers (OTDR) zum Test einer Verbindung kann dazu beitragen, unnötige Engpässe in ansonsten einwandfreien Verbindungen zu erkennen, zu lokalisieren und zu beseitigen. So könnte es beispielsweise eine grenzwertige oder außerhalb der Spezifikation liegende Komponente in einer Verbindung geben, und ein OTDR kann helfen, das Verhalten der Verbindung zu visualisieren.
  • In Rechenzentren und immer häufiger auch in Unternehmen, wo viele Systeme miteinander verbunden sind, kann ein OTDR bei der Lokalisierung des Problems helfen. OTDRs lassen sich auch für Verlusttests einsetzen, bei denen bidirektionale Tests wichtig sind und Durchschnittswerte zu berechnen sind.
  • Schnelle Verifizierung: Bei Umzügen, Erweiterungen und Änderungen gibt ein Visual Fault Locator ein rotes Licht aus, das sichtbar durch die Glasfaser strahlt, was ein effektives Basiswerkzeug zur Überprüfung der Kontinuität ist. Handgeräte, wie etwa der FiberLERT von Fluke, können alle aktiven Fasersignale erkennen. Beim Einsatz vieler Transceiver ist er ein gutes Hilfsmittel für den Funktionsnachweis von Transceivern.
  • Erstellen Sie einen Bericht. Genau wie bei der Zertifizierung von Twisted-Pair-Verkabelungen aus Kupfer ist der letzte Tipp immer, einen Bericht zu erstellen, der alle Messdaten zusammenfasst und die Arbeit dokumentiert.
Fazit
Es liegt auf der Hand, dass eine Zertifizierung – der Härteste aller Kabeltests – für alle neuen und umgestalteten Netzwerke unerlässlich ist. Das gilt nicht zuletzt deshalb, weil Verkabelungshersteller nach Abschluss der Tests Garantien für Verkabelungsprojekte ausstellen, die bis zu 25 Jahre lang gültig sein können. Während bei Verifikations- und Qualifikationstests in der Regel die Kanalkonfiguration geprüft wird, überprüfen Zertifizierungstests die permanente Verbindung, die gewöhnlich von kommerziellen Datacom-Installateuren erstellt wird. Neueste Zertifizierungstools können detaillierte grafische Diagnosedaten und umfangreiche Berichte bis hin zur Cloudanbindung liefern.

ln/Robert Luijten, Field Marketing Manager EMEA bei Fluke

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