Dänemark will Chatkontrolle freiwillig machen
Dänemark hat als derzeitiger EU-Ratsvorsitz einen neuen Vorschlag zur umstrittenen Chatkontrolle vorgelegt. Statt verpflichtender Überwachung soll die Entscheidung künftig bei den Anbietern liegen – ein Schritt, der für Diskussionen zwischen Datenschutzbefürwortern und Sicherheitsverfechtern sorgt.
Mit einem überarbeiteten Entwurf versucht Dänemark, Bewegung in die festgefahrene Debatte um die geplante EU-Verordnung zur Chatkontrolle zu bringen. Laut einem Diskussionspapier, das an die EU-Mitgliedstaaten verteilt wurde, soll die Durchsuchung privater Chats künftig freiwillig bleiben und nicht mehr verpflichtend vorgeschrieben werden. Anbieter wie Meta, Microsoft oder Google könnten somit selbst entscheiden, ob sie ihre Kommunikationsplattformen auf Hinweise zu Kindesmissbrauch durchsuchen.
Ungelöste Grundrechtsprobleme
Der dänische Vorschlag stößt auf ein geteiltes Echo. Befürworter sehen darin einen wichtigen Fortschritt für den Schutz der digitalen Privatsphäre und der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Der frühere EU-Abgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei) bezeichnete den Entwurf als "Triumph der digitalen Freiheitsbewegung", warnte jedoch zugleich vor weiterhin ungelösten Grundrechtsproblemen. Auch wenn die Überwachung freiwillig bleibe, handle es sich weiterhin um eine "wahllose Massenüberwachung" unverschlüsselter Kommunikation, so Breyer.
Kritik kommt zudem von Datenschützern und Juristen, die auf mögliche Grundrechtsverstöße hinweisen. Der Europäische Datenschutzbeauftragte und die ehemalige EuGH-Richterin Ninon Colneric hatten bereits zuvor betont, dass eine derartige Praxis – selbst bei freiwilliger Anwendung – rechtswidrig sein könne. Das Europäische Parlament favorisiert derweil einen alternativen Ansatz, bei dem gezielte Überwachungsmaßnahmen nur auf richterliche Anordnung und gegen Verdächtige zulässig wären.
Jugendliche außen vor
Darüber hinaus bleiben laut Breyer zwei weitere Streitpunkte bestehen: Zum einen könnten Jugendliche unter 16 Jahren künftig von der Nutzung zahlreicher Apps ausgeschlossen werden – von Messengern über soziale Netzwerke bis hin zu Online-Spielen. Zum anderen sieht der Vorschlag weiterhin vor, dass anonyme Kommunikation erschwert oder unmöglich wird, da Nutzer ihre Identität nachweisen müssten. Kritiker warnen hier vor Einschränkungen journalistischer Arbeit, privater Kommunikation und politischer Meinungsfreiheit.
Ob der dänische Kompromissvorschlag innerhalb der EU eine Mehrheit findet, ist offen. Während Datenschützer die Lockerung der Chatkontrolle begrüßen, gilt der Entwurf vielen Regierungen und der EU-Kommission bereits als zu weitreichend. Eine Einigung auf eine rechtssichere und zugleich wirksame Lösung bleibt damit weiterhin ungewiss.