Netzwerkverwaltung an der Medizinischen Universität Wien

Lesezeit
4 Minuten
Bis jetzt gelesen

Netzwerkverwaltung an der Medizinischen Universität Wien

20.03.2024 - 08:57
Veröffentlicht in:

Die IT-Abteilung der Medizinischen Universität Wien betreibt das Netzwerk der Universität, wozu die Betreuung von rund 10.000 Anschlüssen sowie Hunderten Endgeräten und Servern gehört. Für diese Aufgabe wurde eine neue Informations- und Planungssoftware für Kabelmanagement und Netzwerkdokumentation implementiert – die alte Eigenentwicklung war über die Jahre immer komplexer geworden und konnte nicht mehr den notwendigen Funktionsumfang bieten. Das neue Werkzeug ist flexibel, skalierbar und deckt die steigenden Sicherheitsanforderungen voll ab.

Die Medizinische Universität Wien ist mit 8000 Studenten die größte medizinische Ausbildungsstätte im deutschsprachigen Raum. Mit mehr als 6000 Mitarbeitern, 30 Universitätskliniken und zwei klinischen Instituten, 13 medizintheoretischen Zentren und zahlreichen hochspezialisierten Laboratorien zählt sie zu den bedeutendsten Spitzenforschungsinstitutionen Europas im biomedizinischen Bereich. Die Abteilung IT-Systems & Communications (ITSC) ist dabei unter anderem für den Betrieb des Netzwerks der Universität verantwortlich, in dem einige Hundert Switches und Server sowie rund 10.000 Netzwerkanschlüsse und Endgeräte betrieben werden. Hierfür erfolgt eine Zuordnung zu Räumen und eine Abbildung mit Bezeichnungen und Komponenten.

Für diese Aufgabe kam seit mehreren Jahren eine vom Team des ITSC selbstentwickelte Webanwendung zum Einsatz. Ab 2020 zeichnete sich ab, dass diese Software nicht mehr den wachsenden Anforderungen genügte: Einerseits, weil die Anwendung über die Jahre historisch gewachsen und immer komplexer geworden war und daher auch Standardaufgaben einen großen Aufwand mit sich brachten. Andererseits entsprach die technische Basis nicht mehr dem neuesten Stand. Da eine Eigenentwicklung aufgrund der verfügbaren Ressourcen nicht nachhaltig realisierbar war, kam es zu dem Beschluss, auf ein externes Produkt zurückzugreifen.

Hohe Anforderungen an IP-Vergabe
Abgesehen von einer zukunftssicheren und skalierbaren technischen Basis waren bei der Auswahl einer Plattform auch folgende inhaltliche Anforderungen zu erfüllen: Der Import der Bestandsdaten in das neue System, die Beibehaltung der bekannten zentralen Funktionen sowie die Möglichkeit eines Workflows für die Verwaltung von IP-Adressen und Hostnamen mussten unbedingt gegeben sein. Auf diese Weise sollte bei der Neuerfassung von Geräten die Wiedervergabe bestehender IP-Adressen vermieden werden. Ein Workflow sollte bei der Vergabe neuer IP-Adressen unterstützen und das Einfügen neuer Felder musste einfach möglich sein. Darüber hinaus war eine Dokumentationsfunktion für die Schrankbelegung der Serverräume sowie die Verkabelung zwischen den verschiedenen Standorten und ihre Schaltung gefordert. Die Bedienung sollte über eine Weboberfläche erfolgen können.

Die Auswahl des Produkts
Nach der Evaluierung verschiedener Produkte fiel die Entscheidung schließlich auf den "AT+C Verbindungs-Manager VM.7", eine Informations- und Planungssoftware für Netzwerke, Gebäudeverkabelungen, Kabelmanagement und Netzwerkdokumentation, die auch bei einigen anderen Universitäten im deutschsprachigen Raum Verwendung findet.

Aufgrund der guten Vernetzung zwischen den Hochschulen war es dabei schon zu Beginn des Auswahlprozesses möglich, Berichte und Einblicke in die Arbeit mit der Applikation zu bekommen. "So konnten wir die Möglichkeiten sehen, die das Tool grundsätzlich bietet", bemerkt Herbert Jacubetz, Projektleiter und Mitarbeiter des Teams für Netzwerk & Infrastruktur des ITSC. Im Rahmen einer Präsentation von VM.7 durch AT+C vor Ort in Wien wurden in einem Proof-of-Concept Daten aus dem bestehenden System importiert. Der Leistungsumfang und die Flexibilität des Werkzeugs zeigten sich dabei rasch.

Seit Sommer 2022 ist die VM.7 an der MedUni Wien produktiv im Einsatz. Die Implementierung nahm einen längeren Zeitraum in Anspruch, da das IP-Adressmanagement als Feature von AT+C neu programmiert wurde, um die entsprechenden Anforderungen des ITSC abbilden zu können. Umfangreiche Tests begleiteten die Umsetzung: Es galt, vollständig auszuschließen, dass falsche Daten importiert werden, was zu einem kompletten Ausfall des Netzwerks hätte führen können.
 
Projektschritte der Implementierung
Die Herausforderungen bei der Implementierung bestanden zum einen darin, die Altdaten korrekt zu übertragen und zum anderen in der Optimierung der Bedienbarkeit. Beides erwies sich als durchaus komplex. Laut Projektleiter Jacubetz "hat es etwas gedauert, bis ich verstanden habe, wie das System und die Menüs ineinandergreifen. Mit diesem Wissen ist es einfacher, Problemlösungen zu finden und auch die Kommunikation ist leichter geworden."

Anpassungen und Tests liefen bis ins Frühjahr 2022, danach erfolgte der Import der Daten und deren Zuordnung im neuen System. Hier mussten Hilfssysteme aufgebaut und zusätzliche Komponenten in Betrieb genommen werden, da es Unterschiede in den Konzepten zu überbrücken galt. Es wurde eine einfache Oberfläche programmiert, um den Anwendern einen direkten Zugriff auf jene Datenbank zu ermöglichen, auf der auch VM.7 läuft. Der Zugriff auf Datenbankebene ohne Extraanwendungen war für das ITSC wichtig, auch die Schnittstellen lassen sich so vereinfachen. Die Bereitstellung in den verschiedenen Instituten erfolgte im ersten Halbjahr 2022. Nach den umfangreichen Tests und Vorarbeiten gestaltete sich der eigentliche Go-Live reibungslos und ohne Probleme.
 
Umstieg auf das neue System
Kleine Fehler wurden und werden im Betrieb behoben. Das Team musste sich dennoch an den Systemwechsel erst gewöhnen. Im alten Werkzeug waren die Formulare gezielt an die Anforderungen angepasst , im neuen haben sich Abläufe verändert. Über die enge Zusammenarbeit mit dem Dienstleister fand ein Wissenstransfer statt und das Team des ITSC eignete sich Know-how hinsichtlich Technik, Administration und Anwendung an.

Jacubetz koordinierte die Anforderungen und die Abstimmung innerhalb des Teams und schulte einzelne Teammitglieder gezielt auf deren individuellen Bedarf, meistens mit dem Ziel, Abläufe zu vereinfachen. Eine Kurzanleitung erleichterte den Einstieg, alles Weitere zur Bedienung von VM.7 eigneten sich die Mitarbeiter durch "learning by doing" an. Fünf Mitarbeiter nutzen die Software heute, um aktiv Geräte anzulegen und Auswertungen einzusehen; einen lesenden Zugriff haben 20 bis 30 Nutzer sowie 60 bis 70 weitere IT-Beauftragte der Institute.

Anpassungen finden weiterhin statt. Ein Wunsch war zum Beispiel, die Falscheingabe von MAC-Adressen und Hostnamen der Geräte zu verhindern. Bei der IP-Adressverwaltung wurde neben der Funktion der Neuvergabe und des Löschens eine Änderungsfunktion integriert. Was die IT selbst anpassen kann, erledigt sie; kommen die Clientfunktionen an ihre Grenzen oder sind die Änderungen komplizierter, wird AT+C ins Boot geholt.

Deutliche Verbesserungen
Im Alltag hilft die Flexibilität des Werkzeugs, bei Bedarf weitere Felder leicht ergänzen zu können. Informationen, die vorher nicht zur Verfügung standen, lassen sich hinterlegt, etwa welches Betriebssystem auf PCs und Notebooks läuft. Dies war in der Legacy-Entwicklung zwar teilweise über Freitextfeldern möglich, diese konnten aber nicht zum Filtern von Listen genutzt werden.

Berichte und Reports lassen sich leicht erstellen; Felder und Informationen können gesammelt, ausgegeben und gespeichert werden. Das System skaliert wie erwartet und AT+C gewährleistet die Sicherheit durch die Entwicklung mit Fokus auf die Security-Features der Applikation. Auch die Abhängigkeit von den betreuenden Mitarbeitern ließ sich auflösen. Eine Ausweitung der Zusammenarbeit ist geplant. Aktuell steht die Vereinfachung der Prozessabläufe im Fokus, künftig sollen zusätzliche Funktionen des Tools wie Glasfaser- und Serverraumverwaltung hinzukommen.

Fazit
Die neue Software erlaubt dem IT-Bereich der Medizinischen Universität Wien durch die flexible Erweiterbarkeit und Funktionen wie dem IP-Adressmanagement ein einfacheres Arbeiten im Alltag. Berichte und Auswertungen lassen sich schnell erstellen, das System bietet die notwendige Flexibilität und Erweiterbarkeit für die Zukunft. Durch einen Service und Wartungsvertrag mit dem Dienstleister ist sichergestellt, dass alle notwendigen, insbesondere sicherheitsrelevanten, Updates zur Verfügung stehen und bei Fragen und Problemen der Support des Herstellers bereitsteht.

ln/Michael Brüning, Geschäftsführer von AT + C EDV

Ähnliche Beiträge

Zero-Touch-Provisionierung von aktiven Netzwerkkomponenten (3)

Zero-Touch-Provisionierungsprozesse sind im Rollout von Client-PCs und Servern bereits lange Zeit Standard. Im Gegensatz dazu kommen diese Prozesse bei aktiven Netzwerkkomponenten wie Routern und Switches nur selten zum Einsatz. Im dritten und letzten Teil gehen wir auf weitere Varianten ein, etwa die ZTP-Provisionierung ohne proprietären Server, die Boot-Loader-Variante iPXE oder das alte Verfahren AutoInstall.

Zero-Touch-Provisionierung von aktiven Netzwerkkomponenten (2)

Zero-Touch-Provisionierungsprozesse sind im Rollout von Client-PCs und Servern bereits lange Zeit Standard. Im Gegensatz dazu kommen diese Prozesse bei aktiven Netzwerkkomponenten wie Routern und Switches nur selten zum Einsatz. Im zweiten Teil der Workshopserie schildern wir den proprietären Cisco-Ansatz "Network-Plug-and-Play", der über eine GUI erfolgt und bei dem sich die ausgerollten Komponenten an die Gegebenheiten im Netzwerk anpassen lassen.

Zero-Touch-Provisionierung von aktiven Netzwerkkomponenten (1)

Zero-Touch-Provisionierungsprozesse sind im Rollout von Client-PCs und Servern bereits lange Zeit Standard. Sowohl die Installation von Betriebssystemen als auch Applikationen erfolgt meist automatisiert. Im Gegensatz dazu kommen diese Prozesse bei Netzwerkkomponenten wie Routern und Switches nur selten zum Einsatz. Im ersten Teil skizzieren wir die möglichen Rollout-Verfahren und beschreiben, welche Ansätze und Möglichkeiten sich Unternehmen hier bieten.