Jitter: Ursachen und Auswirkungen auf die Sprachqualität (1)

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Jitter: Ursachen und Auswirkungen auf die Sprachqualität (1)

08.07.2013 - 00:00
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Hinter der Bezeichnung Jitter verbirgt sich nichts anderes als Laufzeit-Unregelmäßigkeiten bei der Übertragung von Digitalsignalen sowie eine leichte Genauigkeitsschwankung im Übertragungstakt. Stören sich herkömmliche Applikationen wie E-Mail, Web oder Datenbanken nicht an diesen Schwankungen, reagieren Echtzeitanwendungen wie VoIP wesentlich empfindlicher. Der erste Teil unseres Online-Workshops zeigt die Ursachen und Charakteristiken des Jitters auf.

Anhand eines Beispiels aus der VoIP-Kommunikation möchten wir die Eigenarten von Jitter verdeutlichen. Für die Codierung der Sprachdaten nutzen wir den Codec G.711. Dieser ist in der Telekommunikation weit verbreitet und wird auch zur Sprachcodierung bei ISDN und in den meisten Mobilfunknetzen genutzt. Die codierten Sprachströme werden anschließend über ein paketbasiertes IP-Netzwerk zum Empfänger übermittelt.

Hierzu ist in einem IP-Paket ein so genanntes Sprach-Sample von 20 ms Länge verpackt. der Sender übermittelt daher alle 20 ms ein IP-Paket an den Empfänger. Auf der Seite des Empfängers sollte also alle 20 ms ein IP-Paket eintreffen. Durch unterschiedliche Verzögerungen im Netzwerk kommen die IP-Pakete jedoch beim Empfänger zu unterschiedlichen Zeiten an. Kommt ein Paket beispielsweise 21 ms nach einem voran gegangenen Paket beim Sender an, bedeutet dies einen Jitter von 1 ms bei der Übermittlung des Pakets im Netzwerk. In der Praxis gibt es quasi immer Jitter durch die Verzögerungseigenschaften der IP-Plattformen und der Sendekanäle.

Ursachen und Typen von Jitter
Für Schwankung im Übertragungstakt sind sowohl VoIP, über paketvermittelte Netze übertragene Video-Applikationen als auch andere Echtzeitanwendungen anfällig. Die Genauigkeitsschwankung im Übertragungstakt ist insbesondere bei Multimedia-Anwendungen störend, da dadurch Pakete zu spät eintreffen können, um noch zeitgerecht mit ausgegeben werden zu können. Dies wirkt sich wie eine erhöhte Paketverlustrate aus. Treffen die Pakete einer Audioverbindung regelmäßig beim Empfänger ein, können diese direkt in Audiosignale umgesetzt werden. Da die Verzögerungen bei der Übertragung nicht konstant sind, entstehen Lücken im abgespielten Signal. Die Differenz zwischen den Verzögerungen einzelner Pakete wird als Jitter (Verzögerungsschwankung) bezeichnet. Dabei lassen sich folgende drei Jitter-Typen unterscheiden:
 

  • Typ A – konstanter Jitter: Die Genauigkeitsschwankung verändert sich zwischen der Ankunft unterschiedlicher aufeinanderfolgender Pakete nicht.
  • Typ B – transienter Jitter: Die Genauigkeitsschwankung macht sich durch eine erhebliche Verzögerung bemerkbar und kann bereits durch die Verzögerung eines einzigen Pakets entstehen.
  • Typ C – kurzzeitige Verzögerungsvariation: Diese Genauigkeitsschwankung kennzeichnet einen Anstieg der Verzögerung zwischen mehreren Paketen. Der Typ C-Jitter tritt häufig bei Staus in Routern und Switches und bei Routen-Änderungen auf.

Paketverzögerungen im Sendesystem (Typ B)
Bei einigen Systemen, beispielsweise Softphones, muss der VoIP-Prozess um die CPU mit anderen Anwendungen kämpfen. Aus diesem Grund kann bei diesen Systemen, während des Sendeprozesses, bereits zwischen den Paketen ein gewisser Jitter entstehen.


Bild 1: Beispiel einer Überlastung im LAN

Überlastung im LAN (Typ B)
Obwohl die Auslastung der LANs in der Regel relativ gering ist, können im Netz kurzzeitig Überlastungen auftreten. Im schlechtesten Fall dauert die Verzögerung so lange wie die Binary Exponential Backoff-Zeit des Ethernet Contention-Algorithmus beziehungsweise lässt sich anhand des Inter Packet Delays ableiten.

Der Binary Exponential Backoff ist ein Mechanismus zur Stauauflösung. Wird von Stationen im Ethernet eine Kollision erkannt, beenden diese ihre Sendung und versuchen sofort oder nach einer Slot-Time von 51,2 μs (entspricht 512 Bit, gilt nur für 10/100 MBit/s Ethernet, 4,096 μs und 4.096 Bit bei 1 GBit/s) erneut ihre Sendung über das Ethernet zu übertragen. Erhält ein VoIP-System aufgrund der maximalen Backoff-Zeit keinen Zugang zum LAN, wird die Sendung zurückgestellt und das betreffende Paket verworfen.

Überlastung der Firewall (Typ B/C)
Einige Firewalls terminieren die IP-Streams auf einer Seite der Firewall und setzen diese Verbindung erneut auf der anderen Seite der Firewall auf. Das Verbindungsglied zwischen den beiden Streams erbringt die notwendige Inspektion der Paketinhalte und zusätzliche Sicherheitsmechanismen. Je nach Auslastung des Systems entstehen hierbei unterschiedlich lange Verzögerungen. Eine Implementierung der Firewall-Funktionalität in ASICs reduziert dieses Problem auf ein Minimum.



 

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Mathias Hein/dr/ln

 

 

 

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