Ursachen und Auswirkungen von Verzögerungen im Netzwerk

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Ursachen und Auswirkungen von Verzögerungen im Netzwerk

10.06.2013 - 00:00
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Neben den üblichen Netzwerkfehlern wie beispielsweise Paketverlust und Jitter gibt es noch einen wichtigen Faktor, der über die Qualität der Sprachübermittlung entscheidet: die Verzögerung (Delay). Bei der Telefonie ist der Delay beziehungsweise die Latenz die Zeitdauer zwischen der Erzeugung eines Signals beim Sprechen und dem Eintreffen im Ohr des Empfängers. In den heutigen Kommunikationsnetzen gibt es jedoch noch weitere Verzögerungszeiten. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, mit welchen Arten von Verzögerungen Sie rechnen müssen.
Eine bedeutende Art von Verzögerung ist die Ausbreitungsverzögerung (Propagation Delay). Sie ergibt sich durch die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Signale im jeweiligen Übertragungsmedium. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Glasfasermedien und Kupferkabeln beträgt rund 200.000 km/s. Dies bedeutet bei der halben Umrundung des Globus (20.000 km) eine Verzögerung von 100 ms. Diese Ausbreitungsverzögerung ist erst bei der Zusammenschaltung mehrerer über die Welt verteilter Standorte spür- und messbar. Für die satellitengestützte Übertragung lässt sich zwar von der Vakuumgeschwindigkeit der elektromagnetischen Wellen (300.000 km/s) ausgehen. Hier fallen jedoch rund 250 ms Verzögerung bei der Transmission vom Boden zum Satellit und retour an.

Arten von Verzögerungen
Die Aufreihungsverzögerung (Serialization Delay) dagegen beschreibt die Zeitspanne, die anfällt, um die zu übertragenden Daten an die Leitung zu übergeben. Sie umfasst in der Regel nur einen minimalen Anteil an der Gesamtverzögerung. Der Codec Delay bezeichnet die Verzögerung, die durch das Kodieren und Dekodieren der Sprachdaten erzeugt wird. Die Verzögerung entsteht durch die Umsetzung der analogen Sprachinformationen zu digitalen Signalen. Ein normaler Codec wie G.729 verursacht eine zusätzliche Verzögerung von 20 ms im Datenpfad zwischen Sender und Empfänger. In komplexeren Netzwerken, in denen das Signal mehrere Codec-Wandlungen durchläuft, verursachen unter Umständen die Media-Gateways erhebliche Verzögerungen. Insgesamt ist die Verzögerung stark abhängig vom eingesetzten Codec und wird normalerweise von den genutzten Telefonen verursacht. Der Einsatz von komprimierenden Sprachcodecs bringt eine zusätzliche Verzögerung in die Übertragungsstrecke ein, da für die effiziente Kompression eine längere Sprachsequenz verwendet werden muss.

Die Verarbeitungsgeschwindigkeit (Processing Delay) bezeichnet die Zeitspanne, die aktive Vermittlungskomponenten benötigen, um den richtigen Ausgangsport für die Weiterleitung der zu übertragenden Pakete zu identifizieren. Die so genannte Warteschlangenverzögerung (Queueing Delay) tritt dann auf, wenn an den Ein- oder Ausgängen der Netzwerkkomponenten bereits mehrere Pakete auf eine Übertragung warten. Diese Verzögerungen lassen sich durch entsprechende Priorisierungsmechanismen in den Vermittlungskomponenten so gering wie möglich halten. Die durch die aktiven Netzwerkkomponenten verursachten Verzögerungen weisen im Normalfall nur einen geringen Anteil an der Gesamtverzögerung auf und betragen nur wenige Millisekunden.

Der in den Telefonie-Komponenten integrierten Jitterpuffer verursacht eine nicht unerhebliche Verzögerung. In paketvermittelten Netzwerken kann es zu Laufzeitschwankungen (Jitter) zwischen dem Empfang einzelner Pakete kommen. Diese Schwankung wirken sich negativ auf die Signalqualität aus. Aus diesem Grund versucht man mit so genannten Jitterpuffern diesen Laufzeitschwankungen entgegenzuwirken. Diese Puffer nehmen eine gewisse Anzahl an Paketen auf und haben dadurch die Möglichkeit, die Laufzeitschwankungen zwischen Paketen auszugleichen. Die Jitterpuffer können eine variable oder eine feste Größe haben. Als Kenngröße wird dabei eine Anzahl an Millisekunden angegeben, die der Jitterpuffer ausgleichen kann. Die Standardeinstellungen der Telefonie-Komponenten sehen oft Jitterpuffer-Größen von 60 ms vor. Dadurch müssen Sie bei der Gesamtverzögerung einer Telefonverbindung über den gesamten Übertragungspfad noch einmal 60 ms hinzu addieren.

Neben den genannten Verzögerungen könne je nach Komplexität des Datenpfads noch weitere Delays hinzukommen. Dies sind beispielsweise durch Firewalls oder Sicherheitsapplikationen verursachte Verzögerungen. Bei Firewalls durchläuft der VoIP-Datenstrom zusätzlich die entsprechende Regel- und Kontrollfunktion beziehungsweise testen die eingesetzten Sicherheitssysteme die übertragenen Pakete auf Konformität. Die Addition aller Verzögerungen zwischen dem Sender und dem Empfänger schließlich ist die Gesamtverzögerung. Gemäß den ITU G.114-Empfehlungen sollte die Gesamtverzögerung nicht höher als 150 ms sein. Alle höheren Verzögerungen (bis 400 ms) schränken die Kommunikation bereits erheblich ein und resultieren in abgehackten Sprachströmen oder in deutlichen Störgeräuschen.




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Mathias Hein/dr/ln

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