Juristische Aspekte von Domain-Namen

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Juristische Aspekte von Domain-Namen

19.10.2010 - 12:01
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In der Regel ist ein IT-Administrator auch für den Webauftritt des Unternehmens verantwortlich. Dazu gehören auch die Wahl des passenden Domain-Namens oder zumindest die Beratung der Geschäftsleitung hierzu. Doch jeder Domain-Name kann im Internet nur einmal vergeben werden. Erheben mehrere Unternehmen Anspruch auf ein und dieselbe Domain, kommt es häufig zu Rechtsstreitigkeiten. IT-Administrator zeigt Ihnen, wie Sie Fehler bei der Auswahl von Domain-Namen vermeiden.

Unternehmen tun gut daran, bei der Einführung neuer Produkte und auch schon bei der Namensgebung des Unternehmens selbst darauf zu achten, ob der gewählte Name noch frei verfügbar ist oder gegen rechtliche Bestimmungen wie etwa das Marken-, Namens- oder Wettbewerbsrecht verstößt. Bei der Registrierung freier Domains prüft die DENIC nämlich nicht nach, ob Rechte Dritter verletzt sein könnten. Dies obliegt nach den Vergabebedingungen der DENIC dem Kunden – und dieser haftet letztlich, wenn durch die Nutzung der Domain ein Verstoß gegen gesetzliche Regelungen gegeben ist. Im Folgenden gehen wir davon aus, dass die Domain im geschäftlichen Verkehr genutzt wird – also der Förderung eines Geschäftszwecks dient oder die Teilnahme am Erwerbsleben ausdrückt.

Verwechslungsgefahr
Birgt der gewählte Domain-Name die Gefahr, mit einer eingetragenen Marke verwechselt zu werden, drohen rechtliche Konsequenzen bis hin zur Unterlassungsklage (§§ 14 und 15 Markengesetz), aus denen auch Schadensersatzforderungen resultieren können. Verwechslungsgefahr ist gegeben bei Gleichnamigkeit, aber auch dann, wenn der Domain-Name einer Marke nur ähnlich ist. Ausgeschlossen sind damit beispielsweise Domains wie "cocacola.de", aber auch Schreibvarianten wie "koka-kola.de"; diese dürfen nur durch den Markeninhaber im geschäftlichen Verkehr benutzt werden.

Selbst wenn ein Name oder eine Unternehmensbezeichnung nicht markenrechtlich geschützt, jedoch in Deutschland bekannt ist, kann dies zu rechtlichen Streitigkeiten führen. Und es geht auch nicht nur um die Schreibweise, sondern in manchen Fällen um die Aussprache:"be-mobile.de" und "tmobile.de" klingen sehr ähnlich und können so, beispielsweise in mündlichen Gesprächen, miteinander verwechselt werden (Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 7.7.2003, Az. 3 W 81/03). Gleiches gilt auch für Domain- Namen, die Tippfehler beinhalten, also aus "t-mobile" etwa "t-mobil" machen. Doch auch Namen von Prominenten, Filmen oder anderen Medienträgern, sogar Namen von Vereinen sollten Sie nicht als Domain-Namen in Betracht ziehen. Insbesondere bei bekannten Titeln ist hier höchste Vorsicht geboten.

Immer wieder steht die Frage im Raum, inwieweit unter einer Domain bei Nennung eines Markennamens mit Zusatz Kritik geübt oder beispielsweise Foren eingerichtet werden können. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte sich in einer Entscheidung mit der Domain "awd-aussteiger.de" auseinanderzusetzen. Die Ehefrau eines ehemaligen Mitarbeiters des Finanzdienstleisters AWD hatte hier ein kritisches Forum eingerichtet, der AWD war dagegen vorgegangen. Zu Unrecht, wie die Richter feststellten, da durch die Verwendung des Markennamens AWD in der Domain keine markenmäßige Benutzung gegeben sei – der Name der Domain mache deutlich, dass hier eine fremde Dienstleistung in Bezug genommen werde. Auch wettbewerbsrechtlich sei kein Anspruch gegeben, da ein Handeln zu Wettbewerbszwecken nicht feststellbar sei. Eine entsprechende Nutzung war also rechtens. Bei diesen Fallgestaltungen ist jedoch immer zu beachten: Letztlich sind diese Abgrenzungen immer eine Frage des Einzelfalls.

Das Recht des Schnelleren
Bei der Gleichnamigkeit von Unternehmens-, Marken- oder bürgerlichem Namen gilt grundsätzlich das Recht des Schnelleren: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Dieser Grundsatz wurde jedoch durch die Rechtsprechung vielfach durchbrochen. So hatte das Oberlandesgericht Hamm schon früh entschieden, dass ein Einzelkaufmann namens Krupp die gleichnamige Domain nicht behalten durfte – das Namensrecht der Krupp AG werde durch diese Nutzung verletzt, da dieser Firmenname eine "überragende Verkehrsgeltung" habe.

Auch Zusätze zu einem Namen sind diesbezüglich mit Vorsicht zu genießen: Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte einen Fall zu entscheiden, in dem zwar Gleichnamigkeit vorlag, der nicht gewerblich tätige Domain-Inhaber sich jedoch unter anderem die Domain mit der Endung "-unternehmensgruppe.de" hatte schützen lassen. Das gleichnamige Unternehmen verlangte Freigabe der Domain – und erhielt Recht: Da der Domain-Inhaber kein schützenswertes Interesse an der Verwendung des Domain-Namens habe, müsse er diese freigeben. Er habe durch die Nutzung dieses Namens vorgegeben, als Unternehmensgruppe zu agieren, dies entspreche jedoch nicht der Realität. Die Domain musste freigegeben werden.

Namensschutz können auch Städte, Gemeinden, sogar Stadtteile oder Gebietsbezeichnungen für sich beanspruchen. Bei großen und bekannten Städten sollte man daher von einer Domain-Nutzung absehen. Vorsicht ist in diesem Bereich auch bei der Top-Level-Domain ".info" geboten: Der Bundesgerichtshof hat hier entschieden, dass Domains mit Gemeindenamen unter dieser Top-Level-Domain in jedem Fall der gleichnamigen Gemeinde gehören (Urteil vom 21.09.2006, Az. I ZR 201/03). Domains mit dem Namen kleinerer und unbekannter Gemeinden können – zumindest bei einem gleichnamigen Unternehmen – verwendet werden. Auch ist es möglich, den Namen einer Stadt mit einem Zusatz zu versehen, so etwa für "duisburg-info.de" entschieden. Die Stadt selbst kann in diesem Fall ja auf die näher liegende Domain "duisburg.de" ausweichen.

Gattungsbegriffe nicht schützbar
Beschreibenden Begriffe wie "Rechtsanwalt" oder "Mitwohnzentrale" können nicht als Marke eingetragen werden, da sie entweder nur beschreibend sind oder ein sogenanntes Freihaltebedürfnis daran besteht – keiner soll die Möglichkeit bekommen, anderen den Gebrauch allgemein gebräuchlicher Begriffe aufgrund des Markenrechts zu untersagen.

Da auch Domains nur durch einen einzelnen belegt werden, stellte sich die Frage, inwieweit solche Gattungsbegriffe registriert und verwendet werden dürfen. Die Gerichte urteilten hierbei unterschiedlich. Teilweise wurde die Nutzung einer beschreibenden Domain als wettbewerbswidrig angesehen. Grund hierfür war die folgende Überlegung: Viele Nutzer würden nicht eine Suchmaschine nutzen und hierüber zu diversen Angeboten im gesuchten Bereich gelangen, sondern der Einfachheit halber den entsprechenden Begriff direkt in die Adresszeile des Browsers eingeben. Gelange man so auf eine Seite eines einzelnen Anbieters, bestünde die Gefahr, dass andere Anbieter durch den Nutzer gar nicht mehr aufgesucht würden.

Andere Gerichte urteilten, dass es bei Gattungsbegriffen häufig Alternativen gebe. Im Beispiel der Domain "autovermietung.com" wies das Landgericht München I in seinem Urteil vom 28.09.2000 (Az. 4 HKO 13251/00) darauf hin, dass der Internetnutzer aus der Werbung zahlreiche Unternehmen als Anbieter von Autovermietungen kenne und daher nicht die Gefahr bestünde, dass der Nutzer nur unter dem Gattungsbegriff suche.

Als weiterer Rechtsgedanke kommt in diesem Bereich zum Tragen, ob die Verwendung der Domain eine sogenannte Spitzenstellungsbehauptung darstelle und damit wettbewerbswidrig sei, sofern die Spitzenstellung nicht nachgewiesen werden kann. Das Oberlandesgericht Hamm hat mit dieser Begründung die Nutzung der Domain "tauchschule-dortmund.de" durch eine von mehreren Tauchschulen der Stadt untersagt.

Dass die Nutzung von Gattungsbegriffen als Domain-Name zum Zwecke der Behinderung eines Konkurrenten ebenfalls ausgeschlossen ist, urteilte das OLG Hamburg. Ein ehemaliger Angestellter hatte eine neue Firma gegründet und hierfür mehrere Domains registriert, die den Namen seines bisherigen Arbeitgebers beinhaltete. Dies sei eine vorsätzliche, sittenwidrige Behinderung und damit wettbewerbsrechtlich unlauter, der bisherige Arbeitgeber konnte schließlich unter seinem Namen keine Domain mehr registrieren lassen.

Unterschiedliche Top-Level-Domains
Auch wenn andere Top-Level-Domains als ".de" genutzt werden, können deutsche Gerichte hierüber urteilen. So geschehen etwa bei .eu-Domains. Das Kammergericht hat in einem Beschluss vom 10.08.2007 (Az. 5 W 230/07) festgestellt, dass die Top- Level-Domain ".eu" zwar in Deutschland bei Weitem noch nicht die Bedeutung der allseits bekannten Top-Level-Domain ".de" habe. Es sprach einem Markeninhaber jedoch das Recht zu, angesichts des immer bedeutungsvoller werdenden gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft die für diesen Markt in seiner Gesamtheit naheliegende und zukünftig möglicherweise immer bedeutungsvoller werdende Top-Level- Domain ".eu" für sich registrieren zu lassen.

Das Kürzel ".ag" birgt zudem besondere Gefahren, deutet dies schließlich im deutschen Sprachraum auf eine Aktiengesellschaft hin. Nutzt also eine GmbH ihren Namen unter dieser missverständlichen Top-Level-Domain, so liegt eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung des Verkehrs vor (so entschieden durch das OLG Hamburg in seinem Urteil vom 16.06.2004, Az. 5 U 162/03 zur Nutzung der Domain "tipp.ag" durch eine GmbH).

Recht bei einem Auslandsbezug
Nun ist der einer Domain hinterlegte Internetauftritt schon aus der Natur der Sache weltweit abrufbar, was zu der Frage führt, welches Recht bei entsprechenden Streitigkeiten mit Auslandsbezug eigentlich zur Anwendung gelangt und welche Gerichte angerufen werden können.

Unter deutschen Gerichten scheint sich die Auffassung durchzusetzen, dass es darauf ankommt, ob bei den unter den jeweiligen Domains angebotenen Informationen ein "Inlandsbezug" festzustellen ist – nur das Recht desjenigen Staates kommt damit zur Anwendung, dessen Staatsangehörige zu den gewollten Nutzern des Angebots zählen. Festgestellt werden könne dies anhand der gewählten Sprache, der verwendeten Währung bei Webshops, aber auch der Staatsangehörigkeit von Kläger und Beklagtem.

DISPUTE-Eintrag hilft gegen Domain-Grabbing
Hilfreich bei Domain-Grabbern: Der DISPUTE-Eintrag bei der Denic. Hiermit wird verhindert, dass eine Domain zur Vermeidung eines Rechtsstreits einfach auf einen Dritten übertragen wird. Das Unternehmen kann hier glaubhaft machen, dass es ein Recht auf die Domain hat und dieses gegenüber dem derzeitigen Domain-Inhaber geltend macht. Der DISPUTE-Eintrag gilt ein Jahr lang und lässt sich entsprechend verlängern. Gibt der Domain-Inhaber die Domain frei, wird automatisch der Berechtigte des Eintrags neuer Domain- Inhaber. Der Berechtigte gewinnt so Zeit, um die Angelegenheit außergerichtlich oder gerichtlich klären zu lassen.

Fazit
Um rechtlichen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, sollten Sie keine Namen von Unternehmen, Marken, Prominenten, Medien, Städten, Gemeinden oder staatlichen Einrichtungen nutzen, und zwar auch nicht, wenn diese Namen Tippfehler aufweisen und dem richtigen Namen daher nur ähnlich sind. Ihren eigenen Namen, den ihres Unternehmens oder selbst erfundene, nicht reale Namen können mit den oben gemachten Einschränkungen in der Regel verwendet werden.
 

Sebastian Dosch /dr/ln

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