New Service Management – ITSM neu gedacht

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New Service Management – ITSM neu gedacht

17.01.2024 - 07:09
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Der Begriff Service Management ist meist auf ITSM und Tools beschränkt. Doch was bedeutet Service für die Organisation? Was braucht der Ansatz, um langfristig erfolgreich zu sein? Das Service Management muss vor allem eins: neu gedacht werden und seine nächste Evolutionsstufe erreichen – in Prozessen und in den Köpfen. Das "New Service Management" kombiniert dabei geschickt bewährte Prinzipien, rückt Flexibilität, Kundenorientierung und ganzheitliches Denken in den Fokus.

Einfach "New" vor etablierte Begriffe schreiben und alles ist neu? So einfach ist es nicht. Dennoch zwingen uns externe Faktoren, technische Weiterentwicklungen, Megatrends und sich verändernde Arbeitsweisen dazu, etablierte Methoden neu zu betrachten oder zu überdenken. In der Vergangenheit war Service Management, insbesondere das IT Service Management (ITSM), oft auf die IT beschränkt. Das ITSM hat Prozesse und Methoden etabliert, um IT-Services effizient und effektiv zu verwalten. Das wurde, mehr oder weniger ganzheitlich, unternehmensweit verbreitet und folglich als Enterprise Service Management (ESM) bezeichnet. Der ganzheitliche Ansatz, auch unter Beachtung verschiedener relevanter Frameworks und Methoden, wird im Zuge des New Service Managements betrachtet – ohne das Rad neu zu erfinden.

Evolution des Service Managements
Das Service Management beschreibt die Organisation und Steuerung von Services, die ein Unternehmen für seine Kunden oder internen Nutzer erbringt. Das Ziel ist es, diese Dienstleistungen effektiv, effizient und kundenorientiert bereitzustellen und kontinuierlich zu verbessern. Oftmals wird das Service Management rein auf IT-betriebsnahe Tätigkeiten wie Ticketbearbeitung reduziert.

In der IT hat sich das ITSM, darunter ITIL als Standard etabliert, um die Qualität und Verfügbarkeit von IT-Services sicherzustellen. Doch die Rahmenbedingungen verändert sich stetig und nachhaltig. Die Anforderungen von Unternehmen und Kunden – intern wie extern – entwickeln sich ständig weiter. Die Digitalisierung und der steigende Wettbewerb, aber auch Gewohnheiten aus dem privaten Leben, verlangen nach einer agileren und flexibleren Servicebereitstellung. Hierbei erweist sich ITSM isoliert betrachtet als unzureichend, auch wenn weitreichenden Änderungen in der aktuellen ITIL-Version etwas anderes signalisieren.

Ausweitung auf das ganze Unternehmen
Als Antwort auf diese Veränderungen hat sich das Konzept des Enterprise Service Managements (ESM) entwickelt. ESM dehnt das Service Management auf alle Bereiche einer Organisation aus. Denn abseits der IT gibt es ebenfalls Bedarf an Services und die Optimierung von Serviceprozessen in der gesamten Organisation kann zu höherer Effizienz und besserer Kundenzufriedenheit führen.

Die genaue Definition von ESM variiert, aber im Wesentlichen bedeutet es die Anwendung und Übertragung von ITSM-Prinzipien und -Fähigkeiten auf die gesamte Organisation. ESM strebt danach, Service Management als unternehmensweite Disziplin zu etablieren und Service-Management-Prinzipien und -Methoden in allen Bereichen der Organisation anzuwenden. ESM nutzt die Erfahrungen und Best Practices aus ITSM, um Services in anderen Abteilungen und Geschäftsbereichen zu verbessern. Aber eben nur die Best Practices aus dem ITSM-Kontext, oft auch ohne notwendige Brücken zu unternehmensweiten Anforderungen und Bedürfnissen zu bauen.

Agilität wird Realität
Eine der Herausforderungen des modernen Service Managements besteht darin, auf sich ändernde Anforderungen und Umgebungen zu reagieren. Hier kommt Agile Service Management (ASM) ins Spiel. ASM ist eine iterative und inkrementelle Methode, um Service-Management-Prozesse kontinuierlich zu verbessern und an sich ändernde Anforderungen und Umgebungen anzupassen. Es basiert auf agilen Prinzipien und Methoden wie Scrum, DevOps und Kanban.

ASM betont die Zusammenarbeit und den ständigen Austausch zwischen Teams und Stakeholdern, um sicherzustellen, dass die Anforderungen der Kunden erfüllt werden und die Servicequalität verbessert wird. Es sorgt dafür, dass die Arbeitsbelastung transparent ist und die Prioritäten klar sind, damit Teams effektiv zusammenarbeiten und ihre Arbeit priorisieren können. Es bietet eine flexiblere und reaktionsfähigere Art der Service-Verwaltung, die sich an sich ändernde Geschäftsanforderungen und Kundenbedürfnisse anpassen kann.

Dies sind Vorteile der agilen Arbeitsweisen, die man auch auf das Unternehmen ausweiten kann und nicht nur auf die Softwareentwicklung und IT beschränken sollte.

Der "Lean-Gedanke"
Zusätzlich zum vorab beschriebenen ASM existiert das Lean Service Management (LSM), das auf den Grundsätzen des Lean Managements basiert. Es ist darauf ausgerichtet, die Effizienz und Qualität von Services zu verbessern, indem es Verschwendung eliminiert und Prozesse optimiert. Im Fokus von LSM stehen die Kundenbedürfnisse. Durch eine ständige Verbesserung der Prozesse und das Beseitigen von Hindernissen und Verschwendung werden die Abläufe effektiver, und die Qualität der Services steigt. Eine der Hauptbestandteile ist das Value Stream Mapping. Also die Analyse der Wertströme der Organisation. Diese Methode findet man auch im aktuellen ITIL4-Framework wieder – auch hier auf die IT begrenzt.

Die Grundbegriffe und Bestandteile des New Service Managemnt. (Quelle: adesso)
Die Grundbegriffe und Bestandteile des New Service Management. (Quelle: adesso)
 

New Service Management: Der ganzheitliche Ansatz
Service Management kann nicht neu erfunden werden, aber es kann neu gedacht werden. Der ganzheitliche Ansatz des New Service Managements erfordert eine Überprüfung und Optimierung von Prozessen in der gesamten Organisation, um schnell auf Veränderungen zu reagieren und den steigenden Kundenerwartungen gerecht zu werden.

New Service Management revolutioniert, indem es bewährte Ansätze aus ITSM, ESM, ASM und LSM kombiniert. Diese Integration schafft eine ganzheitliche Herangehensweise an das Service Management, die die Qualität und Effizienz von Services verbessert und den Fokus auf Flexibilität und Kundenzufriedenheit. Die Kundenbedürfnisse werden kontinuierlich erfasst und bewertet. Eine hohe Servicequalität wird erreicht, die sich an den Erwartungen und Bedürfnissen der Kunden ausrichtet.

Dieser erweiterte Blickwinkel trägt dazu bei, auch die IT-Abteilung in die strategischen Entscheidungen des Unternehmens einzubeziehen und ihre Rolle als Serviceanbieter zu stärken. Konkret für die IT bedeutet das: Die Anpassungsfähigkeit von NSM ermöglicht involvierten IT-Teams, auf sich verändernde Anforderungen schnell zu reagieren, sei es in Bezug auf Softwareentwicklung, Systemwartung oder andere IT-spezifische Aufgaben. Die Fähigkeit, Services schneller und effizienter bereitzustellen, ist für den IT-Betrieb von unschätzbarem Wert. Für IT-Teams bedeutet dies darüber hinaus, dass sie nicht nur ihre technischen Fähigkeiten weiterentwickeln können, sondern auch ein tieferes Verständnis für die geschäftlichen Anforderungen und die Kundenzufriedenheit entwickeln.

New Service Management praktisch erklärt
Im traditionellen Incident Management, das oft auf ITIL basiert, liegt der Fokus darauf, Störungen schnell zu identifizieren und zu beheben. Dazu gibt es ein definiertes Vorgehen in Form eines Prozesses. Dieser Prozess verfolgt das Ziel einer schnellstmöglichen Wiederherstellung des normalen Servicebetriebs. Mit Kennzahlen ausgestattet werden Prozesse und Aktivitäten gemessen. Dies führt in der Praxis häufig zu Prozess-Silos. Das dies auch anders geht, zeigt uns ITIL4 deutlich. Wie oben erwähnt, wurden damit die Wertströme im ITSM etabliert. Die traditionelle Wertstromanalyse, wie sie in ITIL für das Incident Management beschrieben wird, fokussiert sich auf den Ablauf der Ereignisse während eines Zwischenfalls.

Mittels der Etablierung von ESM werden häufig die vorhandenen ITSM-Prinzipien und -Methoden auf die Organisation ausgeweitet. Dies kann zu unternehmensweiten Silos führen und agile sowie Lean-Aspekte außen vor lassen. Das Incident Management des New Service Managements integriert neben den ESM-Aspekten auch Lean-Prinzipien und agile Methoden. Dabei lassen sich zum Beispiel durch die Lean-Aspekte Verschwendungen und ein effizienterer Weg identifizieren sowie Verbesserungen in der ganzheitlichen Betrachtung der Werterzeugung und Kanban-Prinzipien umsetzen. Durch Adaptieren von agilen Methoden wie Scrum-basierten Incident-Meetings und inkrementellen Verbesserungen wird eine schnellere Reaktion auf sich ändernde Anforderungen möglich. Dies fördert nicht nur die Anpassungsfähigkeit der Organisation, sondern trägt auch dazu bei, die Qualität der Services kontinuierlich zu steigern und gleichzeitig die Zufriedenheit der Kunden zu gewährleisten.

Das New Service Management gestaltet aus all den Frameworks, Methoden und Prinzipen ein maßgeschneidertes Best Practice auf die jeweilige Organisation, um eine ganzheitliche Perspektive auf die Servicebereitstellung in der gesamten Organisation zu ermöglicht.

Fazit
Die Zukunft des Service Managements wird von der Integration neuer Technologien wie künstlicher Intelligenz und Automatisierung geprägt sein. Das zeigen auch die aktuellen Entwicklungen bei den relevanten ITSM- und ESM-Tools. Die Personalisierung und Automatisierung von Service-Interaktionen werden Kunden und Mitarbeitern eine bessere Erfahrung bieten. Service Management wird enger mit fachlichen Bereichen wie Marketing und Vertrieb verzahnt, um konsistente Service-Erlebnisse über alle Kanäle hinweg zu schaffen. Die Nutzung von Analytics und Daten spielt eine zentrale Rolle, um präzisere Vorhersagen und bessere Services zu ermöglichen. Die Agilität und Flexibilität des Service Managements nimmt weiter zu, um auf Veränderungen schnell reagieren zu können.

ln/Sascha Schuhmann, Senior Manager und Verantwortlicher für den Bereich Enterprise Transformation bei adesso und Patrick Schiavone, Managementberater und New-Service-Management-Pionier bei adesso.

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