Netzneutralität bezeichnet die wertneutrale Datenübertragung im Internet. Netzneutrale Netzbetreiber (ISP) senden alle Datenpakete unverändert und in gleicher Dienstgüte unabhängig davon, woher diese stammen, zu welchem Ziel sie transportiert werden sollen, was Inhalt der Pakete ist und welche Anwendung die Pakete generiert hat.
Bisher ist die Netzneutralität noch nicht gesetztlich vorgeschrieben. Die Diskussion um die Netzneutralität wird sehr heftig geführt, da hier sehr gegensätzliche Interessen aufeinander treffen.
Grundlagen
Grundsätzliche gibt es zwei Möglichkeiten, wie Netzbetrieber den Transport wachsender Datenmengen im Internet bewältigen können. Entweder erhöhen sie die Kapazität ihrer Netze und transportieren alle Daten gleichberechtigt (Best-Effort Service) - dann bleiben diese Netze "neutral". Oder sie transportieren verschiedene Daten unterschiedlich schnell und in unterschiedlicher Qualität. Maßstab für diese Qualität sind hauptsächlich Datenrate (Bandbreite) und Delay sowie deren Varianz.
Kontra-Position
Insbesondere Betreiber von Telekommunikationsnetzen lehnen die neutrale Datenübertragung ab und wollen Daten in unterschiedlicher Dientsgüte übertragen. Sie machen geltend, Verkehrsformung ist eine effizientere Möglichkeit, um einen Datenstau zu verhindern und wichtige Daten mit einer garantierten Übertragungsqualität zu übertragen. Dabei ist zu beachten, dass unterschiedliche Dienste unterschiedliche Anforderungen haben. Bei einem VoIP-Telefongespräch ist eine geringe Verzögerung wichtiger als beim Herunterladen von Daten. Gleichzeitig müssen die ISPs durch das wachsenden Datenaufkommen große Investitionen in den Netzausbau tätigen. Die Profite fallen aber eher bei den großen Internet-Konzernen wie Google an, die keine Netze betreiben. Die ISPs erhoffen sich daher auch neue Preismodelle bei denen sie nicht nur Endkunden sondern auch Inhaltsanbieter mit Gebühren für eine bevorzugte Übertragung belasten können. Etablierte Internet-Konzerne sind dazu zum Teil bereit, weil sie so ihre Marktposition festigen können.
Pro-Position
Demgegenüber befürworten viele Anbieter von Internet-Inhalten, -Diensten und -Anwendungen als auch Konsumentenorganisationen und Künstler die Netzneutralität. Sie argumentieren, dass die Chance auf Internet-Innovationen bisher deshalb so groß gewesen sei, weil alle an das Internet angeschlossenen Kunden solche Innovationen entwickeln konnten. Es reichte aus, diese Innovation auf einem Server anzubieten und jeder kann sie erreichen. Den Kunden blieb es überlassen, aus dem Angebot das Gewünschte auszuwählen, ohne dass jemand darüber entschieden hat, was zugelassen wird und was nicht. Die Anbieter fürchten, dass nicht genau die von den Kunden gewünschten Innovationen Erfolg haben werden, wenn die Betreiber von Telekommunikationsnetzen darüber entscheiden können, welche Angebote die ans Internet angeschlossenen Kunden in guter Qualität erreichen. Darüber hinaus weisen sie darauf hin, dass die Betreiber von Telekommunikationsnetzen versucht sein könnten, fremde Inhalte, Dienste und Anwendungen absichtlich schlecht zu übertragen, damit ihre Kunden stattdessen die Inhalte, Dienste und Anwendungen ihres eigenen Betreibers von Telekommunikationsnetzen benutzen. Im Extremfall gäbe es das Internet, dass mit einem Anschluss alles kann, nicht mehr, sondern man müsste sich wieder zwischen verschiedenen kommerziellen Online-Inhaltsangeboten entscheiden, wie in der Pre-WWW-Zeit. Außerdem betonen Internetaktivisten die Wichtigkeit der freien Rede im Internet und die Neutralität als technischen Ausdruck einer Unabhängigkeit von den Zensurversuchen der Regierungen.
Beispiele für die Verletzung der Netzneutralität
ISPs könnten von Content-Anbietern (z.B. Video-Streaming, IPTV) für den Zugang zu ihrer Kundschaft Geld verlangen. Dabei bestünde die Möglichkeit, den Zugang nur noch einem Content-Anbieter zu gewähren. Der Netzbetreiber könnte die Zugangsrechte dabei an den meistbietenden Content-Anbieter versteigern.
Netzbetreibern können Produkten, mit denen sie selbst auf dem Servicemarkt präsent sind, Marktvorteile verschaffen. Ein Netzwerkbetreiber, der einen Telefonie-Dienst betreibt, könnte versucht sein, andere Anbieter von Internettelefonie von seiner Kundschaft fernzuhalten oder hinsichtlich Übertragungsqualität zu diskriminieren. So werden in verschiedenen Mobilfunknetzen VoIP-Dienste ausgesperrt, damit die Kundschaft trotz Datenflatrate noch teure Mobilfunkgespäche bezahlen muss. In Frankreich werden in für Privatkunden gedachten Tarifen ganze Dienste (VPN, IMAP, UDP) gesperrt, um eine "unerlaubte professionelle Nutzung" zu verhindern.
Einige Internetprovider gehen dazu über, Filesharing in ihren Netzen zu drosseln oder ganz zu unterbinden, um große übertragene Datenmengen zu unterbinden und die Kosten zu senken.
In vielen Ländern werden IP-basierte Filter verwendet, um unerwünschte Inhalten zu zensieren.